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eine filmische Rekapitula
tion und Rekonstruk
tion österreichischer Selbstvor-
stellung« 150. Angeb
lich war der Plan dazu bereits in Amerika aufgetaucht, führte
aber zu keinem greifbaren Ergebnis, da »[d]ie geheime und damals nicht ausge-
sprochene Meinung des Autors« dahin ging, dass »eine Übertragung des Stoffes,
streng genommen, nur in Wien mög
lich war« 151. So begannen hier, nachdem
Lothar Anfang Juli 1947 den Vertrag mit der Vindobona-
Film, der ihm 40.000
Schilling einbrachte, unterzeichnet hatte,152 Ende September die Dreharbeiten
unter der Regie von Karl Hartl, der bereits als 17-Jähriger bei dem Filmproduzen-
ten Alexander Joseph Graf Kolowrat- Krakowsky als Hilfsregisseur und später als
Regieassistent bei Sandor »Alexander« Korda gearbeitet hatte.153 Gedreht wurde,
der Handlung entsprechend, hauptsäch
lich in Wien. Die Außenschauplätze
sind allerdings, bis auf die Freudenau,154 Mayerling und einige Heurigenlokale
außerhalb der Stadt, nur im Dialog präsent. Postkartenmotive, wie in späteren
Wiener Filmen, fehlen, schließ lich war die Stadt zerbombt.155
Der Film war hochkarätig besetzt: Attila und Paul Hörbiger, Hedwig Bleibtreu,
Hans Holt, Helene Thimig, Maria Schell, Erni Mangold, Alma Seidler, Oskar
Werner, Fred Liewehr, Karl Paryla, Anton Edthofer und Lothars Frau Adrienne
Gessner spielten in dem von der Vindobona- Film- Gesellschaft produzierten
Streifen mit. Die Rolle der Jüdin Henriette Alt, die Hauptrolle, aber bekam
Paula Wessely, die laut Lothar die Verfilmung des Romans angeregt hatte.156 Ihr
war bereits zuvor auch die Hauptrolle in Rudolf Steinboecks Das andere Leben
nach der Novelle Der 20. Juli von Alexander Lernet-
Holenia angeboten worden.
Sie entschied sich schließ lich für den Lothar- Film und erklärte Steinboeck ihre
Absage im Mai 1947 unter anderem damit, dass sie sich Ernst Lothar gegenüber
150 Mona N. Schubert: Österreichische Identität im Film der Nazizeit, S. 281.
151 Franz Tassié: Zur Verfilmung des Romans »Der Engel mit der Posaune«, S. 65.
152 Erste Verhandlungen bezüg
lich der Verfilmung gab es im Frühjahr 1947. Vgl. Brief von Ernst
Schönwiese an EL. Salzburg, 12. März 1947; Vertrag zwischen Vindobona- Film und EL bezüg-
lich des Engels mit der Posaune. Wien, 9. Juli 1947. WBR, ZPH 922a.
153 Über Karl Hartl, der kein Mitglied der NSDAP war, vermerkte das Reichssicherheitshauptamt
(RSHA): »Er ist na tionalsozialistisch eingestellt, erfreut sich eines guten Rufes und wird
charakter lich günstig beurteilt.« Zitiert nach Bogusław Drewniak: Der deutsche Film 1938 – 1945,
S. 81. Hartl war »Produk tionsleiter von Wien-
Film während der Nazi- Ära 1938 – 45, wobei er
vorwiegend ›spezifisch wienerische‹ Filme drehte und so nicht in die Verlegenheit kam, Nazi-
Propagandafilme zu drehen« (Jörg Thunecke: »Bucina Angelica«, S. 88).
154 Anläss lich der Außenaufnahmen in der Freudenau gab die Vindobona- Film Ges. m. b. H. am
26. September 1947 einen Presseempfang, zu dem auch Ernst Lothar eingeladen war.
155 Vgl. Franz Marksteiner: Der älteste Kaiser der Welt, S. 64.
156 Der Spiegel, 35 (1948), S. 23. 1946 – 1950:
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Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478