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Adaptierungen des Drehbuchs – das er als teilweise lausig und als eine mehr
oder weniger ungeeignete, plumpe Übersetzung des deutschen empfand –255
hinwegzusehen, solange seine finanziellen Vorstellungen erfĂĽllt wĂĽrden. Da
er schlieĂź lich zumindest in materieller Hinsicht das erreichte, was ihm vor-
schwebte, erklärte er sich bereit, bis zur Fertigstellung des Drehbuchs Ende
Februar in London zu bleiben.256 Am 4. April 1949 begannen in Isleworth die
Dreharbeiten.257 Bei dem Remake des Engels mit der Posaune (The Angel with
the Trumpet 1949/50) kombinierte Hartl das Originalfilmmaterial aus dem Jahr
1948 mit neuen Szenen.258 Eileen Herlie ĂĽbernahm den Part Paula Wesselys, in
weiteren Rollen waren Basil Sydney, Oskar Werner, Maria Schell und Anthony
Bushell zu sehen. Letzterer wurde als Regisseur angefĂĽhrt, da Hartl keine
Arbeits erlaubnis in England bekam. Im März 1950 kam der knapp 100-minütige
Film in Großbritannien in die Kinos, später u. a. auch in den USA.259 Über die
in den Londoner Ateliers gedrehte Fassung des Engels mit der Posaune schrieb
der Korrespondent der Arbeiter- Zeitung:
Wenn auch der Held dieses Films nicht Österreich, sondern nur das österreichische
Bürgertum ist, hätte der große Gegenspieler dieses Bürgertums, die organisierte Arbei-
terschaft, nicht ganz fehlen dürfen, und wer die Zersetzung der österrei
chischen BĂĽr-
gerklasse zeigen will, darf wohl nicht den österreichischen Faschismus, die Dollfuß
und Schuschnigg, völlig verschweigen. Der Ausklang des Films […] wird jedoch […]
Eindruck machen: die BĂĽrgerfamilie wird in drei Teile gespalten, der eine wird von den
Nazi vernichtet, der zweite geht zu den Nazi über, der dritte sucht […] den Anschluß
an die Gedankenwelt des Sozialismus.260
255 Brief von EL an AG. London, 29. Januar 1949. a. a. O.
256 Brief von EL an AG. London, 15. Februar 1949. a. a. O.
257 Vgl. The Singapore Free Press, 16. 4. 1949, S. 2.
258 Vgl. Hans-
Michael Bock und Tim Bergfelder (Hg.): The Concise Cinegraph, S. 185. – Die
Handlung spielt in Wien und Umgebung während sechs verschiedener Perioden (1888,
1902 – 1914, 1914 – 1920, 1921 – 1934, 1937 – 1938 und 1944 – 1948). – De facto weicht die britische
Version kaum von der österreichischen ab. Die Dialoge wurden gekürzt, eine Szene wurde an
einer anderen Stelle des Films eingefĂĽgt und eine einzige Szene (mit Oskar Werner) kam neu
hinzu, ist aber für die Handlung zu vernachlässigen. Abweichungen gibt es – abgesehen von
Namensänderungen der Figuren – nur bei dem Text des Erzählers aus dem Off, aber auch
diese sind unerheb lich.
259 Vgl. etwa: Boxoffice, 15. 12. 1951, S. 48; The New York Times, 1. 12. 1951.
260 Fritz Rosenfeld: Ein eng
lischer Film vom österreichischen Bürgertum. In: Arbeiter-
Zeitung,
22. 2. 1950, S. 5. Vgl. auch Die Presse, 15. 2. 1950.
»Literatur-, theater- und Österreich-belastet« 285
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar HeiĂźler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478