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Verber und ihre Komplizen in den USA in engem Kontakt zu dem deutschen
Kommunisten Gerhart Eisler gestanden. In den Spionagefall verwickelt sei auch
eine kleine Gruppe österreichischer Emigranten in den USA, die ihre subversive
Tätigkeit während des Kriegs über das kommunistisch kontrollierte Austro-
American Council sowie dessen Zeitung, die Austro American Tribune, ausgeübt
hätte, deren prominenter Unterstützer u. a. eben Ernst Lothar sei. Austria habe
schon vor Jahren vor diesen Leuten gewarnt. Viele österreichische Emigranten
hätten sich kurz nach dem Krieg wichtige Stellen in den amerikanisch kon-
trollierten Zeitungen und Radiosta
tionen verschafft, und zwar auf ähn
liche Art
wie die Kommunisten des German- American Council um Gerhart Eisler in
Deutschland. Kurt und Vera Ponger, Walter Lauber und die gesamte Organisa-
tion unter der Führung von Ferdinand Czernin hätten direkten Kontakt zu elf
Organisa tionen, die als »subversive by law« bekannt seien.
Diesen Pressemeldungen waren ein Jahr zuvor ähn liche vorangegangen, die
sich mit Lothars Engagement für den als Kommunisten bekannten Karl Paryla
auseinandersetzten. Lothar hatte den Schauspieler, mit dem er bereits in den
1930er Jahren im Theater in der Josefstadt zusammengearbeitet hatte, 1952 für
seinen »regiemäßig und dramatur
gisch neueingerichteten« Jedermann als Teufel
vorgesehen. Paryla aber hatte 1951 in der u. a. von Viktor Matejka herausgege-
benen KP-Kulturzeitschrift Tagebuch ein Spottgedicht auf die Regierung und
den Salzburger Erzbischof Andreas Rohracher veröffent
licht,59 was eine Presse-
kampagne (»Attentat auf den Erzbischof«), u. a. auch von Torberg und Weigel
betrieben, auslöste. Das Unterrichtsministerium erteilte daraufhin den Salzbur-
ger Festspielen die Weisung, den Vertrag mit dem Schauspieler zu lösen. Ernst
Lothar erklärte sich mit Paryla solidarisch und drohte, die Regie niederzulegen.
Drei Wochen vor der geplanten Jedermann-
Premiere ließen die Salzburger Fest-
spiele via Pressekommuniqué wissen, »dass es nie zu einem Engagement Parylas
gekommen wäre, hätten sie von dessen Auslassungen in besagter Zeitschrift
gewusst, und dass Lothar seine Demission zurückgezogen hätte, nachdem die
Festspiele seinem Wunsch gemäß garantierten, die aus dem Engagement ent-
standenen finanziellen Ansprüche des Schauspielers zu erfüllen« 60.
Lothars Neuinszenierung des Jedermann stand 1952 also unter keinem guten
Stern. Er selbst schreibt über diese Zeit: »Als die Première herankam, war ich
demnach ein Kommunist, ein Faschist, ein Salzburg entfremdeter amerika-
nischer Söldling, ein Reinhardt- und Hofmannsthal- Schänder, ein Verletzer
59 Vgl. Félix Kreissler: Kultur als subversiver Widerstand, S. 201.
60 Gisela Prossnitz: Jedermann. Von Moissi bis Simonischek, S. 27.
1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der
unerbittlichste«304
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478