Seite - 310 - in Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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sich wegen der »budgetären Auswirkungen« besorgt zeigte und den Regis-
seur darauf hinwies, dass das Stück 80.000 Schilling gekostet habe und nun
»verspricht, nichts einzubringen«.98 In der Radiosendung Scheinwerfer licht des
Senders Rot-
Weiß- Rot war Lothar gezwungen, mit Peter Weiser, Friedrich
Heer und Otto Basil über die Inszenierung zu diskutieren.99 Seine Stimmung
besserte sich nicht, als er bei einer weiteren »dünn besuchten« Vorstellung
neben Marboe zu sitzen hatte.100
13 Mal wurde Beer-
Hofmanns Drama noch gespielt, die letzte Vorstellung
fand bereits am 11. Juni 1954 statt. Zeitgleich mit den Charolais-
Vorführungen
war Lothar mit den Vorbereitungen zu seinem Schnitzler-
Abend (Komtesse
Mizzi und Liebelei) beschäftigt. Mitte Mai 1954, als die Proben bereits begon-
nen hatten, stellte Lothar die letzte Szene von Komtesse Mizzi fertig. Über seine
Einschätzung des Drei- und Einakters äußerte er sich nach der Generalprobe
einen Monat darauf wie folgt:
Fazit: das Stück stand da, so alt oder so jung es ist, schmerz lich- hold, süß- töd lich,
jedem Dur sein Moll bitter beigemischt, die hellen Obertöne, die Zwischentöne, die
tiefen Untertöne des Leides der Kreatur, die in die Liebe hineinstürzt wie ein Nacht-
schmetterling ins Licht, das ihn verbrennt. Zumindest sah und hörte ich das alles, und
war – für Minuten – mit mir zufrieden: Ein Kränzlein auf dem Grab eines, den ich
liebte und verehrte und der mich, eines stolzen Tages, seinen »Nachfolger« nannte.101
In der großen Pause hinter der Bühne, um nichts vom Gerede zu hören, dann das
Satyrspiel. Ein Lustspielregisseur bin ich nicht, mir fehlt beides daran, das Lustige und
das Spielerische: was ich in die Hand nehme, wird schwer. Auch das ist rein persön-
lich bemerkt, den Leuten schien es zum Teil außerordent lich gut zu gefallen […].
Trotzdem empfinde ich die ziem lich frivole Komödie zu frivol und zu wenig Komödie,
und nach dem Elementaren der »Liebelei« eine Antiklimax.102
98 Brief von EL an AG. Wien, 15. Mai 1954. WBR, ZPH 922a.
99 Vgl. Brief von EL an AG. Wien, 14. Mai 1954. a. a. O.
100 Vgl. Brief von EL an AG. Wien, 16. Mai 1954. a. a. O.
101 Anfang 1931 hatte Schnitzler noch nach einem Treffen mit Lothar festgehalten: »Gestern
erhielt ich […] den Besuch von Ernst Lothar, wir gingen eine Stunde lang spazieren und waren
falsch. Im übrigen erlebt[e] ich, wie so oft, daß mir ein Mensch, den ich als Idee ablehne, als
Erscheinung erträg
lich und amüsant wurde« (Brief von Arthur Schnitzler an Suzanne Clauser.
Semmering, 6. Februar 1931. Zitiert nach Peter Michael Braunwarth et al. (Hg.): Arthur
Schnitzler. Briefe 1913 – 1931, S. 763).
102 Brief von EL an AG. Wien, 11. Juni 1954. WBR, ZPH 922a.
1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der
unerbittlichste«310
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478