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bereitende ›Stelle‹ anbieten sollte; es wäre nur unwahrschein lich und […]
äußerst unösterreichisch, daß das Selbstverständ liche geschehe.« 148
Tatsäch lich blieb das einstimmige Ja zu Ernst Lothar aus; und als er knapp
einen Monat darauf im Unterrichtsministerium erfuhr, dass er nun auch nicht
als Mitglied des Kunstrats vorgesehen war, drohte er, seine für den Sommer
geplanten Inszenierungen von Jedermann und Kabale und Liebe platzen zu las-
sen bzw. die Regie abzugeben. Auf die Frage des zuständigen Sek tionschefs
Robert Musil nach dem Warum antwortete Lothar: »Weil […] ich es nicht
mehr ruhig hinnehme, daß mir die verschiedensten Stellen angeboten u. in
der Presse diese Angebote publiziert werden, ich aber dann, obwohl ich mich
nie um die betr[effenden] Stellen bewerbe, durch ihr Nicht- Erhalten brüs-
kiert werde.« 149
Denn ursprüng lich war geplant gewesen, dass Lothar nur dann aus dem
Kunstrat ausscheiden solle, wenn er, »wie vorausgesehen, bei der nächsten Kura-
toriumssitzung zum Direktor gewählt wird« 150. Lothar vermutete: »Das Spiel
des Unter[richts]ministeriums […] schien zu sein: sich mit Berufung auf diese
Klausel jetzt nicht zu rühren; der Kunstrat wird also – weil man L[othar] ja fürs
Direktorium braucht – ohne ihn ernannt. Bei der nächsten Kur[atoriums]sitzung
wird Loth[ar] ohnehin nicht durchkommen, also sind wir ihn total los.« 151 Ein
Anruf beim Salzburger Landeshauptmann bewirkte schließ lich seine erneute
Berufung in den Kunstrat. Lothar ärgerte sich, dass er, hätte er »die perfide Ver-
manschung nicht im letzten Moment aufgedeckt«, »auch diesmal umgangen
worden« 152 wäre.
Während der 1950er Jahre hatte Lothar dann »fast die alleinige Verfügungs-
gewalt über das Sprechtheater im Rahmen der Festspiele und war weiterhin
Mitglied des Kunstrates« 153, der »die Spielpläne gestalten, eine Reform des
Konzertwesens einleiten, das Schauspiel beleben und neue Spielstätten erschlie-
ßen« 154 sollte.
148 Brief von EL an AG. Wien, 9. Dezember 1954. a. a. O.
149 Brief von EL an AG. Wien, 15. Januar 1955. a. a. O.
150 Ebd.
151 Ebd.
152 Brief von EL an AG. Wien, 16. Januar 1955. a. a. O.
153 Stephen Gallup: Die Geschichte der Salzburger Festspiele, S. 223.
154 Ernst Hanisch und Robert Kriechbaumer (Hg.): Geschichte der österreichischen Bundesländer
seit 1945. Bd. 1: Salzburg, S. 748.
1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der
unerbittlichste«320
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478