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100. Geburtstag des Dichters.96 Dieselbe Festrede hielt er dann auch bei einer
Burgtheatermatinee am 6. Mai,97 obwohl er in Wien nicht die erste Wahl war,98
was sich manche Beobachter folgendermaßen erklärten:
Lothar repräsentiert in seinen äußer lich so konzilianten Benehmensformen eigent-
lich den Typ des Beschwichtigungshofrats der alten Monarchie, doch haben ihn die
Ereignisse des letzten Vierteljahrhunderts, seine Emigra tion, wiewohl er nicht mehr
der JĂĽngste ist, erfreu
lich militant gemacht. In seiner Autobiographie […] sucht er
sich keineswegs seinen Landsleuten anzubiedern und rechnet ihnen die quickleben-
digen Reste ihrer Nazivergangenheit ziem lich genau vor. Man konnte ziem lich sicher
sein, daĂź er auch in seiner Gedenkrede fĂĽr Schnitzler einige unliebsame Wahrheiten
nicht unterdrückt hätte.99
Im Frühjahr 1962 erschien als Band II der Ausgewählten Werke der Roman Kleine
Freundin,100 in dem laut Frankfurter Zeitung »das Problem verlogener Kinder-
erziehung« aufgerollt wird, im Herbst folgte der Roman Die Mühle der Gerech-
tigkeit als dritter Band,101 der, wie die Europäische Rundschau versicherte, Lothar
»einen allerersten Platz in der Reihe der großen österreichischen Erzähler erobert«
96 Vgl. Brief von Annerl Wyler-
Salten an EL. o. O., 27. März 1962. a. a. O. Vgl. auch Brief von
EL an Ernst Benedikt. Zürich, 10. März 1962. WBR, H. I. N. 186937. – Vgl. dazu Interna tional
Arthur Schnitzler Research Associa tion, 1 – 2 (1961), S. 14. Dieser Research Associa tion gehörte
Lothar seit ihrer GrĂĽndung an (vgl. ebd., S. 31).
97 Diese Rede wurde im Forum unter dem Titel Tod und Renaissance abgedruckt (Forum, 101 (1962),
S. 213 – 216). Vgl. dazu Brief von Friedrich Torberg an EL. Alt-
Aussee, 21. April 1962. WBR,
ZPH 922a. Siehe auch EL: Rede zum Gedächtnis Arthur Schnitzlers. Gehalten im Burgtheater
anläss
lich des 100. Geburtstages am 15. Mai 1962. In: ders.: Macht und Ohnmacht des Theaters,
S. 27 – 40.
98 Ursprüng lich war der Germanist Herbert Cysarz (1896 – 1985) als Festredner auserkoren wor-
den. Elisabeth Freund lich wies anhand einer Besprechung seiner Veröffent lichungen während
des Na tionalsozialismus und nach 1945 seine »rassistische und kriegsverherr lichende Welt-
anschauung« nach (Susanne Alge: »Ganz leicht war es nicht, bis ich stand, wo ich stehe …«,
S. 370). – Anfang März stand fest, dass Cysarz die Rede zu Ehren Schnitzlers nicht halten
werde. Vgl. Neues Ă–sterreich, 9. 3. 1962, S. 1.
99 Elisabeth Freund lich: Der makabere Scherz einer Wiener Dichterehrung. In: Die Gemeinde,
30. 2. 1962.
100 EL: Kleine Freundin. Roman einer Zwölfjährigen (Ausgewählte Werke/Ernst Lothar; Bd. 2).
Hamburg, Wien: Zsolnay 1962. 372 S. – Vgl. Tiroler Tageszeitung, 13. 4. 1962, S. 8.
101 EL: Die Mühle der Gerechtigkeit oder das Recht auf den Tod (Ausgewählte Werke/Ernst
Lothar; Bd. 3). Hamburg, Wien: Zsolnay 1962. 344 S.
Ehrungsreigen 351
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar HeiĂźler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478