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fand: »Lothars Beliebtheit war eigent lich ein Glücksfall, denn er änderte weder
seinen Stil, noch erfand er eine neue Technik des Erzählens, um seine Arbeiten
einem amerikanischen Publikum anzupassen.« 34 Betont werden muss auch, dass
Lothar auf Übersetzer angewiesen war, da er seine Bücher weiterhin auf Deutsch
schrieb: »Die beste Übersetzung ist doch nur eine Hand im Handschuh«, fasste
Raoul Auernheimer dieses Dilemma zusammen.
Wieviel selbst in bemühten Übersetzungen verloren geht, beweist ein Vergleich der
eng lischen Übersetzung und des deutschen Originals etwa von Werfels Bernadette,
Thomas Manns Joseph- Roman oder Feuchtwangers Der Tag wird kommen. Wie groß
aber muß die Wucht solcher übersetzter Bücher sein, wenn sie in der anderen Sprache
dennoch Bestseller werden konnten, oder in Hunderttausenden von Exemplaren durch
den Book of the Month Club und andere Buchvereinigungen verbreitet wurden […].35
Der Anerkennung des Schriftstellers Ernst Lothar in den USA steht also lang-
fristig sein Misserfolg in Europa gegenüber. Nach 1950 wurden – im Gegensatz
zu den 1920er und 1930er Jahren – seine Bücher kaum mehr wahrgenommen,
einzig seine Autobiographie sorgte noch für ein kurzes Rascheln im Blätter-
wald. Diese fehlende Rezep tion ist aber zum Teil auch darauf zurückzuführen,
dass ab 1950 kaum noch neue Werke Lothars entstanden. Nach seiner Rück-
kehr nach Österreich 1946 trat er, abgesehen von Publika
tionen seiner in den
USA veröffent lichten Romane, fast gar nicht mehr als Erzähler in Erscheinung.
Zwei Romane, eine Erzählung und ein Essayband erschienen von ihm in den
Jahren 1949 bis 1955. Der erste Roman, den er in Österreich veröffent lichte,
war Die Rückkehr, ein Buch, in dem er seinen Landsleuten »die quicklebendi-
gen Reste ihrer Nazivergangenheit ziem lich genau« 36 vorrechnete, und somit
damals nicht unbedingt geeignet, ausgiebig rezipiert zu werden. Ähn liches
kann von seiner 1960 erschienenen Autobiographie gesagt werden, auch wenn
er hier die Namen der Täter verschweigt und seine große Liebe zu Österreich
betont. Die Darstellung Österreichs als erstes Opfer der na tionalsozialistischen
Expansionsgelüste, wie er sie in seinen Memoiren und Exilromanen betreibt,
kam dem allgemeinen Wohlbefinden eher entgegen, diese Schilderungen und
dieses Geschichts
bewusstsein waren auch ausschlaggebend dafür, dass er 1963
34 Donald G. Daviau und Jorun B. Johns: Ernst Lothar, S. 521.
35 Harry Zohn: »… ich bin ein Sohn der deutschen Sprache nur …«, S. 178 f.
36 Elisabeth Freund lich: Der makabere Scherz einer Wiener Dichterehrung. In: Die Gemeinde,
30. 2. 1962.
Schluss380
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478