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Joseph Lanner – Leben und Werk
Tanz
In den einschlägigen Lexika wird „Tanz“ als eine Geschichte des Tanzes an sich, der Bewegungen, der Anlässe
(von Freudenfesten bis Bestattungsritualen) dargestellt. Konsequent erscheint, dass das Musiklexikon von
Riemann60 den Begriff „Tanz“ nicht als eigenes Stichwort aufführt, sondern lediglich „Tanzstücke“. Reiss-
mann verfährt ähnlich, in seinem Musiklexikon findet sich das Stichwort „Tanzmusik“61. Gleiches gilt für
Apels „Harvard Dictionary of Music“62. Honegger/Massenkeil hingegen bieten als Stichwort „Tanz“63, das
neben einer kurzen Einführung und dem Unterkapitel „Systematik“ in erster Linie Tanzgeschichte bringt.
Tanz ist Bewegung, individuell oder im Kollektiv. Tanz ist improvisiert oder organisiert, verträumt oder
ekstatisch, rituell, funktionell. Untrennbar ist Tanz verbunden mit Rhythmus, sei es ein gleichmäßiger
oder ein aus komplizierten Zellen zusammengesetzter. Wo Tanz in Figuren ausgefĂĽhrt wird, bedarf er der
Ordnung der Bewegungen, die Bewegungen bedĂĽrfen ihrerseits wieder der verbindlichen Tempoangabe
(eine Interaktion zwischen Bewegung und Tempo ist dadurch nicht ausgeschlossen: ein aufmerksamer
Musiker kann sein Tempo dem Tänzer oder der gesamten Gruppe anpassen). Nüchtern beschreibt es
Johann Georg Sulzer: „Jeder Tanz, der ein Ganzes vorstellen soll, verlangt ein Geräusch neben sich, das
in rhythmische Glieder getheilt ist, nach denen der Tänzer seine Schritte einrichtet, und wodurch die
Regelmäßigkeit und Ordnung des Tanzes sinnlich wird.“64 Gleichmäßigkeit und Ordnung finden sich
bei Koch wieder, der noch einen weiteren Aspekt hinzufügt: „ … [der Marsch habe] die Absicht, theils
die vollkommene Gleichheit der Schritte zu erleichtern, theils den (militärischen) Aufzug selbst durch die
Musik feyerlicher zu machen.“65 Die beiden Hauptforderungen an gute Tanzmusik sind hiermit festge-
legt: sie muss die Tänzer rhythmisch führen, soll aber zusätzlich ästhetischen Ansprüchen genügen.
Gesellschaftstanz
Als Oberbegriff grenzt „Gesellschaftstanz“ sich ab von Volkstanz, rituellen Tänzen und theatralischem Tanz,
unter dem man in erster Linie das Ballett versteht.66 Gesellschaftstänze sind all jene Tanzformen, die der ge-
sellschaftlichen Unterhaltung dienen und von zumindest zwei Personen gemeinsam getanzt werden. Diese
Tänze wurden von Tanzmeistern und später in Tanzschulen gelehrt. Zwischen Volkstanz und Gesellschafts-
tanz fand immer ein Austausch statt, Elemente des Volkstanzes flossen in den Gesellschaftstanz ein und
umgekehrt. Die Tanzformen sind festgelegt, können lokal variieren und sich mit der Zeit weiterentwickeln.
Lanner schrieb ausschlieĂźlich fĂĽr unterschiedliche Formen des Gesellschaftstanzes (ausgenommen
Märsche und einige Balletteinlagen), eine Auflistung der einzelnen Tänze siehe unten.
Entwicklung des Tanzes im 18. Jahrhundert in Wien
Man muss nicht das Charles de Ligne zugeschriebene67 Bonmot vom tanzenden Kongress, nicht die zahllo-
sen amĂĽsiert-ironischen oder entsetzt-ablehnenden Tagebuchnotizen und Reiseberichte von Trollope68 bis
60 Der folgende Satz bezieht sich auf Riemann, Musiklexikon, Leipzig 51900.
61 Reissmann, Handlexikon der Tonkunst, Berlin 1882.
62 Apel, Harvard Dictionary of Music, Bloomington, 121979.
63 Honegger/Massenkeil, „Das große Lexikon der Musik“, Freiburg i. Br. 1978 u. 1987, Bd. 8, S.90ff, Kapitel „Tanz“ von
G. Busch-Salmen.
64 Johann Georg Sulzer, Allgemeine Theorie der Schönen Künste in einzeln, nach alphabetischer Ordnung der Kunstwörter auf
einander folgenden, Artikeln abgehandelt, Neue vermehrte zweyte Auflage, Leipzig 1794, S. 511.
65 Heinrich Christoph Koch: Musikalisches Lexikon, welches die theoretische und praktische Tonkunst, encyklopädisch be-
arbeitet, alle alten und neuen Kunstwörter erklärt, und die alten und neuen Instrumente beschrieben enthält, Frankfurt a.
Main, 1802, Sp. 933.
66 Siehe auch: Otto Schneider, Tanzlexikon, Wien 1985.
67 Das Charles Joseph de Ligne zugeschriebene Zitat lautet in seinem französischen Original: „Le congrès danse beaucoup,
mais il ne marche pas“. Das darin enthaltene Wortspiel lässt sich in der geläufigen deutschen Übersetzung nur ungenügend
wiedergeben.
68 U. a. Frances Trollope, „Vienna and the Austrians“, eine Reisebeschreibung aus 1836.
Joseph Lanner
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Titel
- Joseph Lanner
- Untertitel
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Autor
- Wolfgang Dörner
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78793-8
- Abmessungen
- 21.0 x 29.5 cm
- Seiten
- 752
- Schlagwörter
- Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- Danksagung 9
- Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
- Biographische Notizen 13
- Reisen 16
- Beginn – Werden – Sein 21
- Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
- Tanz 28
- Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
- Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
- Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
- Publikum 44
- Werke 46
- Instrumentation 69
- Formen 79
- Notenmaterialien 86
- Widmungsträger 95
- Titel 97
- Verlage 100
- Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
- Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
- Virtuosentum 106
- Romantik – Biedermeier 108
- Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
- Rezension – Rezeption 113
- FlĂĽchtige Lust 115
- Literatur 117
- I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
- II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
- III. Sammelwerke und diverse Werke 717
- IV. Anhang