Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Weiteres
Belletristik
Das Spinnennetz
Seite - 49 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 49 - in Das Spinnennetz

Bild der Seite - 49 -

Bild der Seite - 49 - in Das Spinnennetz

Text der Seite - 49 -

schweren, langsamen Schritten am Abend durch die Straßen. Ihre Frauen warteten. Die Männer kamen nicht heim. Kalt war der Herd. Kein Essen war bereitet. Was sollten sie zu Hause? Sie gingen in die Schenken. Es reichte für Schnaps. Betrunkene fühlen keinen Hunger. Betrunkene torkelten, schleiften ihre Füße über den Asphalt. Straßen waren abgesperrt. Polizeihelme starrten. Über zerschmetterten Schaufenstern hingen Rolladen wie eiserne Sargdeckel. Verhaltene Schüsse erwarteten ihre blutige Stunde. Ein Geheimbefehl erreichte Theodor: Eifer verdreifachen. Es fuhr in Theodor wie ein Trompetenstoß. Seine Zeit brach an. Er war bereit. Er rüstete sich für den Tag. Heute und morgen konnte es sein. Er berief seine Garde. Die Jungen kamen. Sie brachten neue Kameraden aus dem Bismarck-Bund mit. Sie brachten Pistolen zum Einschießen. Theodor ging zum Waffenmeister. Alle Gewehre wurden geputzt. Alte Bajonette strahlten. Die Jungen blieben einen Tag in der Kaserne. Wie berauschte sie der Rost der alten Waffen! Und wie blendete sie der Glanz der neuen! Konnten sie’s wissen? Dieses und jenes Gewehr hatte alle Kriege mitgemacht. Feinde getötet. Eine große Kraft ging von einem Gewehrkolben aus. Zauberhaft wirkte der Griff eines Säbels. Von welch tapferem Reiter war er geschwungen worden? Blind war der Stahl… Von Blut! sagten sie. Rostflecke waren Blutflecke. Blut des Feindes klebte an den Waffen. Am Sonntag kam der General. Am Sonntag rückte das Regiment aus, mit klingendem Spiel. Die Oktobersonne strahlte wie im Frühling. Bürger winkten aus den Fenstern. Fahnen wehten. Kinder liefen mit. Es war wie im Frieden. Mancher vergaß seine Armut. Vor dem General standen sie. Der alte Divisionspfarrer sprach. Ludendorffs Helmspitze schwamm im Sonnenglanz. Ein leises Ordenklirren kam von den Offizieren wie silberne dünne Musik. Sporen läuteten wie Glöckchen. Wie eine Schicht schwerer Feierlichkeit lag der Atem der Mannschaft in der Luft. Man hörte leise Stimmen der Offiziere von der Mitte des Platzes her. Ein kurzes starkes Lachen des Generals. Es klang wie ein Gurgeln. Drei Sätze sprach der General, rechts neben der Gedenktafel. Er sprach harte Worte. Die Hände hielt er über dem Säbelknauf. Man hätte ihn für eine Statue halten können, eine bekleidete Statue. Dann stieg er herunter, das Monokel klemmte er ein, wenn er mit jemandem sprach. Er sprach mit Theodor. Einmal habe ich ihm einen Brief geschrieben, denkt Theodor. Wie lange war es her! Wie jung war Theodor vor einem halben Jahre noch! Heute kennt ihn Ludendorff. 49
zurück zum  Buch Das Spinnennetz"
Das Spinnennetz
Titel
Das Spinnennetz
Autor
Joseph Roth
Datum
1923
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
93
Schlagwörter
Roman, Geschichte
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 10
  3. Kapitel 3 14
  4. Kapitel 4 17
  5. Kapitel 5 21
  6. Kapitel 6 24
  7. Kapitel 7 30
  8. Kapitel 8 32
  9. Kapitel 9 36
  10. Kapitel 10 39
  11. Kapitel 11 42
  12. Kapitel 12 44
  13. Kapitel 13 47
  14. Kapitel 14 50
  15. Kapitel 15 52
  16. Kapitel 16 54
  17. Kapitel 17 57
  18. Kapitel 18 59
  19. Kapitel 19 61
  20. Kapitel 20 64
  21. Kapitel 21 67
  22. Kapitel 22 69
  23. Kapitel 23 73
  24. Kapitel 24 76
  25. Kapitel 25 79
  26. Kapitel 26 81
  27. Kapitel 27 83
  28. Kapitel 28 86
  29. Kapitel 29 89
  30. Kapitel 30 92
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Das Spinnennetz