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WeXel oder Die Musik einer Landschaft - Das Geistliche Lied, Band 1
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28 Der Totenbrauch bahrten Leichnam mit Weihwasser, um dann in einem kurzen, stillen Gebet seiner zu gedenken. Erst in den Abendstunden, nach den Arbeiten in Haus, Hof und Stall, versammelten sich die Teilnehmer in der Stube vor dem aufgebahrten Leichnam zum Singen und Beten; die Sängerinnen saßen rund um den Haustisch. Grundsätzlich war das Leichhüten ein „Frauenbrauch“. Das Singen selbst war meist nur besonders begabten Sängerinnen überlassen und nicht eine Sache aller Anwesenden. In allen er- fassten Rotten auf der niederösterreichischen Seite des Wechsels und in den Vierteln der steirischen Seite bestand die Sängergruppe mehrheitlich nur aus einigen Frauen, welche in der Nachbarschaft der oft weit voneinander entfernt liegenden Höfe als gute Sängerinnen bekannt waren. Oft hatten die- se mehrere Lei(ch)wachten in aufeinanderfolgenden Nächten zu singen. In den seltenen Fällen, dass ein Mann zur Sängergruppe zählte, war dieser meist der Vorbeter bei Wallfahrten und in der Kirche. Grundlage für das Singen bildeten die handschriftlichen Liederhefte der Frauen, die „Lei(ch)hüat-“ oder „Lei(ch)wåchtbüchln“, welche von Generation zu Generation weitergegeben und von den Töch- tern manchmal – dem Geschmack der Zeit entsprechend – mit „schönen Liedern“ ergänzt wurden. Durchlaufende Nummerierungen in den handschriftlichen Liederheften zeigen die im jeweiligen Ort, der jeweiligen Rotte oder dem Viertel traditionelle Liedabfolge. Die Auswahl der „passenden“ Lieder (Kind, Mädchen, Bursch, Mutter, Vater) war den singenden Frauen überlassen. In der ersten Nacht des „Leichhüatns“ wurde von den Vorsängerinnen traditionell das Passionslied „Lasset uns in Jesu Namen beten, singen anzufangen“ (Lied Nr. 96) angestimmt. Für die zweite Nacht wird in den meisten Belegen das Lied „Zu meinem liebsten Jesu fang ich zu singen an“ (Lied Nr. 192) genannt: Vom Beginn des Leichhüatens am frühen Abend, nach der Stallarbeit, wurde bis Mitternacht gesun- gen. Zu den angestimmten Liedern zählten nicht nur die als „Leichhüatliedln“ benannten Gesänge, sondern auch Lieder zu Jesus und Maria, zu lokalen Heiligen, Legendenlieder und Wallfahrtslieder. Diese waren durch die traditionellen Wallfahrtsorte Mönichkirchen, Pinggau, St. Corona am Wechsel, St. Jakob im Walde und Wenigzell oder die Wildwiesenkapelle (zum „Heiligen Waldhauser“ = Bald- hauser = Tannhauser) allseits bekannt. Ein Vorbeter, meist aus der Nachbarschaft der Hinterbliebenen, begann nach dem Singen mit dem Gebet. Gewisse Gebetsfolgen bestimmten fast regelhaft den Ablauf der Totenwache, sie wurden aber nicht überall in gleicher Weise eingehalten. Eingeleitet wurde das Beten mit dem Glaubensbekennt- nis. Darauf folgten das Vaterunser, das Ave-Maria und der dem Alter und Geschlecht des Verstorbe- nen entsprechende Rosenkranz. In letzter Zeit beschränkte man sich in der traditionellen Gebetsab- folge mit den drei Rosenkränzen, „Psalter“ genannt, neben dem Freudenreichen und dem Glorreichen Rosenkranz nur auf den Schmerzhaften Rosenkranz. Die oftmals wiederkehrenden Vaterunser und „Gegrüßet seist du Maria“ wurden nicht nur für den Verstorbenen gesprochen, sondern auch als „Mei-
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WeXel oder Die Musik einer Landschaft Das Geistliche Lied, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
WeXel oder Die Musik einer Landschaft
Untertitel
Das Geistliche Lied
Band
1
Autoren
Erika Sieder
Walter Deutsch
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79584-1
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
648
Schlagwörter
Wechselgebiet, Geistliches Lied: Leichhüatlieder, bäuerliche Tradition der Totenwache, historische Tondokumente, Wörterbuch, Melodienincipits
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. AbkĂĽrzungen 10
  2. Zum vorliegenden Band 12
  3. Die Landschaft 18
  4. Der Totenbrauch 24
  5. 1. Die Totenwache 26
  6. 2. Das Begräbnis und das Totenmahl 33
  7. 3. Das Singen 38
  8. 4. Das Liedgut und seine Quellen 40
  9. 5. Die Liedgattungen 47
  10. Die Sammlung: Lei(ch)hüat- / Leichwåcht-Liadln – Lieder zur Totenwache 59
  11. Anmerkungen zur Edition der Lieder 60
  12. Johannes Leopold Mayer
    1. Irdische Lieder für ’s ewige Leben – gesungen „sub pietatis austriacae“ 465
  13. Zusammenfassung
    1. Deutsch, Englisch, Kroatisch, Polnisch, Rumänisch, Slowenisch, Tschechisch, Ungarisch 471
    2. Melodienregister 487
    3. Siglen zu den verwendeten Quellen 513
    4. Literaturverzeichnis 522
    5. Wörterbuch 542
  14. Register für das Wechselgebiet und die angrenzenden Regionen in Niederösterreich und in der Steiermark
    1. a) Rotten, Viertel, Orte und Gemeinden 585
    2. b) Personenregister 592
  15. Allgemeines Register
    1. a) Ortsregister 601
    2. b) Personenregister 607
    3. Sachregister 613
    4. Register der Liedanfänge, Sammelorte und Tonaufzeichnungen 618
    5. Inhaltsverzeichnis und Begleittext zu den beiliegenden Tondokumenten 629
    6. Sängerinnen, Sänger und Vorbeter der Tonaufzeichnungen 630
    7. Inhaltsverzeichnis zu den beiliegenden CDs 632
    8. Autoren und Mitarbeiter 640
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