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WeXel oder Die Musik einer Landschaft - Das Geistliche Lied, Band 1
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29 1. Die Totenwache nung“ für die ihm Vorangegangenen aus dem Kreise der Hinterbliebenen und der Nachbarn. Mit der „Litanei für Verstorbene“ oder der „Litanei vom Leiden Christi“, welche als Seelenhilfe verstanden wurden, fand das gemeinsame Beten ein Ende. Die Auswahl der Gebete und die Entscheidung über die Dauer des Betens blieben immer den Sängerinnen oder dem Vorbeter vorbehalten. Nach dem Beten verabschiedeten sich alle und besprengten den aufgebahrten Toten noch einmal mit Weihwasser. Danach wechselten sich einzelne ältere Frauen und Männer in der Wache bei dem aufgebahrten Leichnam ab, einerseits zur „Feuerwache“, um einen Brand durch die rituell brennende Totenkerze zu verhindern, andererseits um Veränderungen am Leichnam rechtzeitig zu bemerken. Die folgenden Auszüge aus lokalen historischen Belegen zum Totenbrauch im Wechselgebiet illus- trieren dessen Kontinuität: Diese abendliche Zusammenkunft bei einer Leiche heißt man hier das „Leichhüthen gehen“, es wird dabei in der Stube abwechselnd laut gebethet und gesungen; in den Zwischenpausen auch Brod und Most herumgereicht, Tabak geraucht, und Verschiedenes erzählt, namentlich allerhand Sterbeszenen, und man bleibt so bis zu den Morgenstunden beisammen. Man kommt hiezu am Abend nach der Füt- terungs- und Essenszeit, auch erst gar Mitternacht. Beim Kommen bethet zuerst jeder stille für sich bei der Leiche und besprengt selbe mit Weihwasser; dann spannt man sich im Hintergrund zusammen, und sobald mehrere beisammen sind, wird laut und gemeinsam gebethet und gesungen, wobei die Vorbether und Vorsänger beim Haustische sitzen. Beim Fortgehen besprengt wieder jedes die Leiche mit geweih- tem Wasser. (Pfarrchronik Schäffern39 1880, S. 319) Im Sammelgut von Franz Reingruber40 aus den 1930er-Jahren in der Gegend von St. Peter am Neuwald findet sich folgende Notiz zum „Lei(ch)hüatlieder“-Singen: Der Tote liegt in der großen Stube im Bett und Hausleute und Nachbarn kommen und singen bis 12 Uhr Nachts, dann bis 1 Uhr Rosenkranz beten! So ist ’s 2 bis 3 Nächte, dann wird der Tote im Sarg zur Kirche gebracht. Eine ausführliche Beschreibung der Aufbahrung und Totenwache aus den 1930er-Jahren verfasste Ernst Hamza41, der Erforscher des Volkslebens im niederösterreichischen Wechselgebiet: Den Toten wie zur Hochzeit zu schmücken, wie er an seinem „Ehrentag“ einherging, ist ein schöner, sinniger Brauch. Die Leiche einer verheirateten weiblichen Person bekommt ein schwarzseidenes Kopf- tüchel, der Kopf eines Mannes bleibt unbedeckt, Kinder und Jungfrauen bekommen ein Rosmarin- kränzchen in das Haar. Das Brautgewand mag aussehen wie es will, immer aber bekommt der Tote „schneewaissi Fuassëiggl“ (Fußsocken, wie der Schnee so weiß). Schuhe werden ihm keine angezogen. Dann wird ein Laden in das Zimmer getragen, Länge und Breite je nach Bedarf – nach dem Wuchse des Toten. Ist ein so starker Laden, wie man ihn brauchen würde, nicht vorhanden, so werden 2 und wenn es sein muß auch 3 dazu genommen. 39 Pfarrer Schänzl nennt auch „collegae“ der Nachbarpfarren: Franz Groh (Luckau, Böhmen 1826 – 1880 Waidendorf) – Kooperator in Lichtenegg und Zöbern, Provisor und Pfarrer in Mönichkirchen; Karl Schauta (Wien 1819 – 1902 Payerbach) – Kooperator in Lichtenegg, Payerbach und Prigglitz, Pfarrer in Hochneukirchen, Mönichkirchen und Payerbach; Georg Trummler (Wiener Neustadt 1812 – 1862 Probstdorf) – Kooperator in Schönau i. G. und Unter-Aspang, Provisor und Pfar- rer in Gschaidt, Pfarrer in Lichtenegg und Zöbern. Diözesanarchiv Wien, Priesterdatenbank. 40 Franz Reingruber (1894 – 1976). 41 Ernst Hamza: Volkskundliches aus dem nö. Wechselgebiet. Tod. In: Unsere Heimat. Monatsblatt des Vereins für Landes- kunde und Heimatschutz von Niederösterreich und Wien, Neue Folge IX/11, Wien 1936, S. 301–312. Siehe auch Franz Schunko: Leichhüatn in Petersbaumgarten. Totenbräuche im niederösterreichischen Wechselgebiet. Manuskript 1951, NÖVLA, A 368.
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WeXel oder Die Musik einer Landschaft Das Geistliche Lied, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
WeXel oder Die Musik einer Landschaft
Untertitel
Das Geistliche Lied
Band
1
Autoren
Erika Sieder
Walter Deutsch
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79584-1
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
648
Schlagwörter
Wechselgebiet, Geistliches Lied: Leichhüatlieder, bäuerliche Tradition der Totenwache, historische Tondokumente, Wörterbuch, Melodienincipits
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. AbkĂĽrzungen 10
  2. Zum vorliegenden Band 12
  3. Die Landschaft 18
  4. Der Totenbrauch 24
  5. 1. Die Totenwache 26
  6. 2. Das Begräbnis und das Totenmahl 33
  7. 3. Das Singen 38
  8. 4. Das Liedgut und seine Quellen 40
  9. 5. Die Liedgattungen 47
  10. Die Sammlung: Lei(ch)hüat- / Leichwåcht-Liadln – Lieder zur Totenwache 59
  11. Anmerkungen zur Edition der Lieder 60
  12. Johannes Leopold Mayer
    1. Irdische Lieder für ’s ewige Leben – gesungen „sub pietatis austriacae“ 465
  13. Zusammenfassung
    1. Deutsch, Englisch, Kroatisch, Polnisch, Rumänisch, Slowenisch, Tschechisch, Ungarisch 471
    2. Melodienregister 487
    3. Siglen zu den verwendeten Quellen 513
    4. Literaturverzeichnis 522
    5. Wörterbuch 542
  14. Register für das Wechselgebiet und die angrenzenden Regionen in Niederösterreich und in der Steiermark
    1. a) Rotten, Viertel, Orte und Gemeinden 585
    2. b) Personenregister 592
  15. Allgemeines Register
    1. a) Ortsregister 601
    2. b) Personenregister 607
    3. Sachregister 613
    4. Register der Liedanfänge, Sammelorte und Tonaufzeichnungen 618
    5. Inhaltsverzeichnis und Begleittext zu den beiliegenden Tondokumenten 629
    6. Sängerinnen, Sänger und Vorbeter der Tonaufzeichnungen 630
    7. Inhaltsverzeichnis zu den beiliegenden CDs 632
    8. Autoren und Mitarbeiter 640
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