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Kunst und Kultur
WeXel oder Die Musik einer Landschaft - Das Geistliche Lied, Band 1
Seite - 467 -
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467 J. L. Mayer – Irdische Lieder für ’s ewige Leben irdischen, dem ewigen Leben in der himmlischen Freude sollen dem Menschen, nachdem sein eigenes Tun allhier ein Ende gefunden hat, „auf d’ Letzt“ auch noch die Gebete und Lieder bei der Totenwa- che, beim Requiem und der Einsegnung verhelfen. Wenn die definitorischen Ingredienzen der „pietas austriaca“ für die gesamte menschliche Lebenswelt ihre Bedeutung haben, dann können sie diese Be- deutung auch hinsichtlich eines toten Menschen nicht verlieren, da sie als feste Säulen des Glaubens verstanden werden – und dieser Glaube soll ja selig machen. Aus diesem Blickwinkel betrachtet erweisen sich selbst jene Lieder für die Zelebration des Todes und des Toten als besonders passend und daher angemessen auch für das „Leichwachtn“, welche fürs Erste keinen Bezug auf das Phänomen Tod oder Sterben zu nehmen scheinen. Ihr Inhalt lässt sich mit den Grundausprägungen der Frömmigkeit aber in Beziehung bringen, ja, sie sind nichts weniger als ein Ausdruck, eine Evidentwerdung derselben in deren Bestandteilen. Da es sich dabei eben – wie beschrieben – um Leitgedanken handelt, so vermögen diese Lieder durch die in ihnen an- und ausge- sprochenen Themen demnach genau das: die Glaubenden im Glauben zu leiten – die Lebenden, die da singen, gleichermaßen wie die Toten zu leiten von „hier“ nach „dort“. An dieser Stelle erscheint ein persönlicher Einschub als angemessen: Ich, der Autor dieser grund- sätzlichen Betrachtungen, habe die hier nun näher auf deren Gehalt im Sinne der „pietas austriaca“ untersuchten Lieder noch selbst in den unterschiedlichen Zusammenhängen religiösen Lebens, Den- kens und Handelns gehört. Durch meinen Vater, Jahrgang 1903, der 50 Jahre alt war, als ich zur Welt kam. Er war Eisenbahnersohn und später selbst Eisenbahner aus dem niederösterreichischen Tullnerfeld, und seine Religiosität erwies sich gerade im Alltäglichen als tief verwurzelt in den zent- ralen Ausdrucksformen der österreichischen Frömmigkeitstradition, welche sich der Wertigkeit und Wirkkraft dieser Ausdrucksformen und der von ihnen beschworenen Zeichen sehr bewusst war. Ich erlebte durch ihn diese Gesänge vor allem auch als spontane Möglichkeit, einem religiösen Empfinden oder Gedankengang zu Hause je nach Bedarf, zumeist kreisend um Anliegen rund um die eigene Fa- milie, musikalisch Ausdruck zu verleihen. „Leise sinkt der Abend nieder“ ist in diesen zu betrachtenden Zusammenhängen ein Lied, welches in seinem Wesensgehalt dem Phänomen der „pietas eucharistica“ zuzuordnen ist. In diesem Gesang kommt die persönliche, innige Devotion eines glaubenden, eines betenden Menschen vor dem fleisch- lich „still im Tabernakel“ anwesenden Jesus Christus zum Ausdruck. Die ewige Lampe vor diesem Tabernakel, die im Liede erinnert wird, ist der leuchtende Hinweis auf die Ewigkeit dieser Präsenz Gottes als Sohn unter den Menschen und damit die Hineinnahme des Menschen in die göttliche Ewigkeit. Gerade durch diesen Gedanken an die Ewigkeit erhält die „pietas eucharistica“ ihren letzten Sinn: Der Mensch erkennt in der Eucharistie die durch den gleichsam materiellen Genuss des verwandelten Brotes realiter gegebene innige Verbundenheit seiner selbst mit Gott – ungebrochen im hiesigen wie im dortigen Leben. Dass im Laufe des Liedgeschehens der geistige Blick der Singenden von Jesus im Tabernakel sich hinwendet zu ihnen selbst und zu ihren Lieben, das ist eine Folgerichtigkeit dieser eucharistischen Frömmigkeit. Sie bezieht alle mit ein in die Gemeinschaftlichkeit mit Gott, in die Gemeinschaftlichkeit des unauslöschlichen Lebens. Das an jedem Strophenende erklingende „Lieber Heiland, gute Nacht“ macht jenes Lied als Abendgebet eben- so tauglich wie als Totenlied, gesungen am Abend des irdischen Lebens. Zudem: Die Eucharistie ist ja auch die Wegzehrung für die Pilgerschaft vom Diesseitigen ins Jenseitige. Und die Lieben, derer hier gedacht wird, das sind neben den auf Erden Wallenden auch stets die lieben Verstorbenen. Das Passionslied „Heil’ges Kreuz sei hoch verehret“ ist Ausdruck der „fiducia in crucem Christi“. Im Zeichen des Kreuzes ist das hoffnungsvoll zu erfahren, was für den glaubenden Menschen zur Reali- tät werden soll: die Überwindung des Todes in geistiger und in leiblicher Hinsicht. So ist das Kreuz
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WeXel oder Die Musik einer Landschaft Das Geistliche Lied, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
WeXel oder Die Musik einer Landschaft
Untertitel
Das Geistliche Lied
Band
1
Autoren
Erika Sieder
Walter Deutsch
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79584-1
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
648
Schlagwörter
Wechselgebiet, Geistliches Lied: Leichhüatlieder, bäuerliche Tradition der Totenwache, historische Tondokumente, Wörterbuch, Melodienincipits
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. AbkĂĽrzungen 10
  2. Zum vorliegenden Band 12
  3. Die Landschaft 18
  4. Der Totenbrauch 24
  5. 1. Die Totenwache 26
  6. 2. Das Begräbnis und das Totenmahl 33
  7. 3. Das Singen 38
  8. 4. Das Liedgut und seine Quellen 40
  9. 5. Die Liedgattungen 47
  10. Die Sammlung: Lei(ch)hüat- / Leichwåcht-Liadln – Lieder zur Totenwache 59
  11. Anmerkungen zur Edition der Lieder 60
  12. Johannes Leopold Mayer
    1. Irdische Lieder für ’s ewige Leben – gesungen „sub pietatis austriacae“ 465
  13. Zusammenfassung
    1. Deutsch, Englisch, Kroatisch, Polnisch, Rumänisch, Slowenisch, Tschechisch, Ungarisch 471
    2. Melodienregister 487
    3. Siglen zu den verwendeten Quellen 513
    4. Literaturverzeichnis 522
    5. Wörterbuch 542
  14. Register für das Wechselgebiet und die angrenzenden Regionen in Niederösterreich und in der Steiermark
    1. a) Rotten, Viertel, Orte und Gemeinden 585
    2. b) Personenregister 592
  15. Allgemeines Register
    1. a) Ortsregister 601
    2. b) Personenregister 607
    3. Sachregister 613
    4. Register der Liedanfänge, Sammelorte und Tonaufzeichnungen 618
    5. Inhaltsverzeichnis und Begleittext zu den beiliegenden Tondokumenten 629
    6. Sängerinnen, Sänger und Vorbeter der Tonaufzeichnungen 630
    7. Inhaltsverzeichnis zu den beiliegenden CDs 632
    8. Autoren und Mitarbeiter 640
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