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WeXel oder Die Musik einer Landschaft - Das Geistliche Lied, Band 1
Seite - 468 -
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468 J. L. Mayer – Irdische Lieder für ’s ewige Leben gleichermaßen Zeichen des Todes wie der Auferstehung und markiert damit genau jenen Punkt des Lebens, welcher durch den irdischen Tod gesetzt wird, der aber keinen Endpunkt darstellt. Ganz rich- tig gipfelt das Lied daher in der Bitte, die auch den Vorsatz zum unerschütterlichen Glauben enthält: Sei im Sterben noch verehret Leucht’ uns als ein Morgenstern. Dass im Angesicht des Todes und eines toten Menschen ein Marienlied gesungen wird, ist natürlich hinsichtlich der „pietas Mariana“ nicht erstaunlich. Dass es auch ein Lied sein kann wie „Gegrüßt seist Du Maria“, in welchem die Verkündigung durch den Engel an die Jungfrau besungen wird, erstaunt unter diesen Vorzeichen ebenso wenig. Zum Ersten ist Maria – die bis zuletzt unter dem Kreuze Ausharrende – gleichsam in der unlösbaren Einheit mit dem Kreuz zu sehen, als menschliche Verkörperung der „fiducia in crucem Christi“. Des Weiteren ist ihr „Ja“ zur Empfängnis Jesu durch den Heiligen Geist, welches sie dem himmlischen Boten mitgibt, eine der ersten Grundlagen und die erste Voraussetzung menschlicherseits für das Erlösungswerk. Sie verkörpert das erste menschliche „Ja“ zu ebendiesem Werk und damit zur heilbringenden Aufrichtung des Kreuzes, zum Leiden Jesu am Kreuz und dem ihren unter dem Kreuz und zur siegreichen Abnahme des Erlösers vom Kreuz. Zudem: „Gegrüßt seist du Maria“: das ist ja auch ein zentrales Gebet katholischer Menschen. Und es ist in seiner zehnfachen Wiederholung jenes Gebet, welches den Rosenkranz bildet. Nun ist ebendieser Rosenkranz – wie es Michael Mitterauer trefflich ausdrückt – „ein typisches Gebet in Krisenzeiten“120. Unabhängig davon, dass die Menschen zumal in Epochen, welche nach unserer Vorstellung wenig technisiert gewesen sind, jede Zeit als eine solche der Krise wahrzunehmen imstande sein können, weil sie nicht von einer grundsätzlichen Machbarkeit seitens der Menschen ausgehen, so wird im Besonderen jene des Todes – gleichermaßen vor wie nach dem irdischen Ableben – als besondere Krisenzeit erfahren – auch für die Hinterbliebenen. Zu Recht kennt der Rosenkranz daher auch als „G’satzl“ ein „Jesus: erbarme dich der armen Seelen im Fegefeuer“. Und in keinem Gebet ist die Mütterlichkeit Mariens näher wahrzunehmen als in jenem im Rosenkranz eben nicht ohne Grund so oft wiederholten „Gegrüßet seist du Maria“, an dessen Höhepunkt ja die gebenedeite Frucht ihres – Mariens – gebenedeiten mütterlichen Leibes beim Namen genannt wird: Jesus. Damit erscheint auch das Lied vom „Güld’nen Rosenkranz“ im Zusammenhang mit dem Tod als angemessen. Diese der „pietas austriaca“ gemäßen Denk- und Handlungsmuster im Dienste einer lebendigen Frömmigkeit erweisen ihre Bedeutung aber nicht nur darin, dass die definitorischen Zeichen und Personen dezidiert angesprochen werden wie in den eben betrachteten Liedern und damit im Singen zur hörbaren Evidenz gelangen. Gerade die Eingewobenheit in Gedankenzusammenhänge, welche aufs Erste ganz andere Ausgangspunkte haben, geben ein zusätzliches Bild von deren Wichtigkeit. Diese zeigt sich beispielsweise in manchen „Abschieds-“ oder „Urlauberliedern“, in welchen die ver- storbene Person – das Lied macht dies möglich – noch einmal ihre Stimme erhebt. Als Stimme „von drüben“ kommt ihr in diesem Zusammenhang wohl eine besondere Autorität zu. In „Gute Nacht, gute Nacht, o Welt“ etwa wird nach dem umfänglichen „Gute Nacht“-Sagen an Kinder, Ehefrau / Ehemann, Verwandte und Nachbarsleute, sowie nach der Bitte um Vergebung und Gebet an alle, welche zu- rückbleiben, in einer abschließenden Wendung der Blickes vom Hier nach dem Dort gewendet. Diese Änderung der Blickrichtung erlaubt ein Hinsehen auf den Schutzengel, vor allem aber auf Maria, Je- sus und Joseph, „diesen großen Mann“. So gipfelt dieser Gesang letztendlich in seiner abschließenden 120 Michael Mitterauer: Dimensionen des Heiligen. A.a.O., S. 58f.
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WeXel oder Die Musik einer Landschaft Das Geistliche Lied, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
WeXel oder Die Musik einer Landschaft
Untertitel
Das Geistliche Lied
Band
1
Autoren
Erika Sieder
Walter Deutsch
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-79584-1
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
648
Schlagwörter
Wechselgebiet, Geistliches Lied: Leichhüatlieder, bäuerliche Tradition der Totenwache, historische Tondokumente, Wörterbuch, Melodienincipits
Kategorie
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. AbkĂĽrzungen 10
  2. Zum vorliegenden Band 12
  3. Die Landschaft 18
  4. Der Totenbrauch 24
  5. 1. Die Totenwache 26
  6. 2. Das Begräbnis und das Totenmahl 33
  7. 3. Das Singen 38
  8. 4. Das Liedgut und seine Quellen 40
  9. 5. Die Liedgattungen 47
  10. Die Sammlung: Lei(ch)hüat- / Leichwåcht-Liadln – Lieder zur Totenwache 59
  11. Anmerkungen zur Edition der Lieder 60
  12. Johannes Leopold Mayer
    1. Irdische Lieder für ’s ewige Leben – gesungen „sub pietatis austriacae“ 465
  13. Zusammenfassung
    1. Deutsch, Englisch, Kroatisch, Polnisch, Rumänisch, Slowenisch, Tschechisch, Ungarisch 471
    2. Melodienregister 487
    3. Siglen zu den verwendeten Quellen 513
    4. Literaturverzeichnis 522
    5. Wörterbuch 542
  14. Register für das Wechselgebiet und die angrenzenden Regionen in Niederösterreich und in der Steiermark
    1. a) Rotten, Viertel, Orte und Gemeinden 585
    2. b) Personenregister 592
  15. Allgemeines Register
    1. a) Ortsregister 601
    2. b) Personenregister 607
    3. Sachregister 613
    4. Register der Liedanfänge, Sammelorte und Tonaufzeichnungen 618
    5. Inhaltsverzeichnis und Begleittext zu den beiliegenden Tondokumenten 629
    6. Sängerinnen, Sänger und Vorbeter der Tonaufzeichnungen 630
    7. Inhaltsverzeichnis zu den beiliegenden CDs 632
    8. Autoren und Mitarbeiter 640
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