Page - 209 - in August Wilhelm Ambros - Musikaufsätze und Rezessionen 1872-1876

209 Juli 1872 190 195 200 205 210 215 220 225 Die letzten zwei Verse mögen zugleich als Probe der Stellen dienen, wo unser Poet „nicht salonfähig“ wird. In dieser Serie begegnen wir auch einem „Welt-Trutzer“, einem wahren Timon, der seine Strafpredigt mit den Worten eröffnet: Weiß nit ob ich trawren soll Oder vielmehr lachen Die Welt wird also toll: Kunst und Tugend gilt nicht mehr Gunst richt alle Sachen, Man fragt nach keiner Ehr Herren-Gunst, Favor und Gnad Ueberall den Vorzug hat. Offt ein Schelm geht jetzt voran Redlichs Hertz muß hinten stahn. Und weiterhin: Nichts geschieht ohn’ Assistentz, Willst du hoch ankommen, Mach’ nur schöne Reverentz Mach’ politisch Cortesye Mußt’ dich da nit schamen, Sich stellen gilt allhie: Neig das Haupt fein hin und her Auff die Seit frontzösisch kehr: Zieh das Füßl, küß die Händ, So kombst du fort durch Complement. Wer die Kunst zu schmeicheln kann, Und sich fein erzeigen Der sitzt bald oben an: Macht sich zu, wie sich’s gezimbt, Thut sich tapffer neigen, So ist die Seiten gstimbt: Wenn er die Laudes singt, Lustig in die Ohren klingt: Dann kombt das Placebo drauf, Ist der Welt gemeine Lauf. – – – Mit Favor und Herren-Gunst Auß nichts etwas machen Ist jetzt gemeine Kunst: Diser wird ein Advocat, Möcht wol einer lachen, Und nichts im Hiren hat: Jener redt sein schlecht Latein,