Page - 400 - in August Wilhelm Ambros - Musikaufsätze und Rezessionen 1872-1876

400 März 1873 120 125 130 Die Chöre (Singverein) zeichneten sich in glänzender Weise aus, der Frauenchor „Saul hat tausend geschlagen“ u. s. w. machte förmlich Sensation; nicht wegen des Glockenspieles, bei dem man am Ende doch immer unwillkürlich an Papageno denkt, sondern um der Schönheit der Composition und um der vortrefflichen Aus- führung willen. Die Orchesterleistung war dem Uebrigen ebenbürtig und die Orgel unter Herrn Bibels kunstreicher Hand übte in ihrer Vollgewalt grandiose Wirkung bei den Chören; mit zarter klingenden Registern begleitete sie einige Arien, die Neuheit der Klangfärbung (vor lauter Alterthümlichkeit ist sie wieder neu geworden) überraschte und übte eine in der That magische Gewalt. Johannes Brahms leitete das Alles mit fester, sicherer Hand. Der ganze Abend zeigte wieder einmal, was das musikalische Wien – wir rechnen Künstler und Publicum dazu – vermag, wenn es nur will. Der außerordentliche Erfolg des Händel’schen Orato- riums ist übrigens ein beachtenswerther Fingerzeig auch für die Folge. A. W. Ambros. Rezensierte Veranstaltung Zweites außerordentliches Konzert der GdM, 28. Februar 1873, MVgr. 3–5 „Er versteht … und zielt auf Gluck.] Anekdote über den Sänger und Koch Gustavus Waltz überliefert u. a. in: Dr. Karl Burney’s Nachricht von Georg Friedrich Händel’s Lebensumständen […], aus dem Englischen übersetzt von Johann Joachim Eschenburg, Berlin/Stettin 1785, S.  42. ◼ 24f. „throws his javelin; exit David“] „Wirft seinen Speer; David ab.“ – szenische An- weisung am Ende der Arie „A Serpent in my Bosom warm’d“. ◼ 25 „Davids bed discover’d with an image in it“] „In Davids Bett wird ein Ebenbild entdeckt.“ – szenische An weisung im Rezita- tiv „Whom dost thou seek?“ ◼ 32–39 Andererseits aber … ein geistreicher Franzose ausdrückte] Die vielerorts zitierte Äußerung „l’opéra est un concert dont le drame est le prétexte“ („Die Oper ist ein Konzert, wozu das Drama nur der Prätext ist.“) geht auf Abbé François Arnaud (1721– 1784) zurück. François Arnaud, „Lettre a Madame D’Augny sur L’Iphigénie en Aulide, de M. le Chevalier Gluck“, in: ders., Œuvres complètes de L’abbé Arnaud, Bd.  2, Paris 1808, S.  363–377, hier S.  371. ◼ 43 Carestini] Giovanni Carestini (1700–1760), it.  Sopran-/Altkastrat. ◼ 43 Cuz- zoni und Bordoni] Francesca Cuzzoni (1696–1778), it. Sopran; Faustina Bordoni (1697–1781), it. Mezzosopran. ◼ 44–47 Händel will … ins Gesicht gesagt haben.] Nach der Londoner Erstauf- führung von The Messiah soll Händel sich gegenüber Thomas Hay (Ninth) Earl of Kinnoull, der die Unterhaltung der Zuhörer durch das Werk ansprach, wie folgt geäußert haben: „My lord, I  should be sorry if I only entertained them, I wish to make them better.“ („Ich würde bedauern, wenn ich meine Zuhörer nur unterhalten hätte, ich wünschte, sie zu besseren Menschen zu machen“.) Über die Anekdote berichtet James Beattie in einem Brief vom 25.  Mai 1780 – vgl. Otto Erich Deutsch, Handel. A documentary biography, London 1955, S.  854f. ◼ 70f. „ein Mal möchte er … niederzuknieen“.] Festgehalten in: Schindler, Biographie von Ludwig van Beethoven2, zweiter Nachtrag, S.  170. ◼ 85 Mara] Gertrud Elisabeth Mara (1749–1833), dt. Sopran; in den 1780er Jahren große Erfolge in London als Händel-Interpretin. ◼ 110 Scaria] Emil Scaria (1838–1886), Bass; 1865–1872 an der Dresdner Hofoper, währenddessen Gastspiele u. a. in Prag, ab 1873 an der Wr. Hofoper. ◼ 118f. „ihr solltet Weiber … so zu deuten“.] Shake- speare, Macbeth I,3. ◼ 122 Papageno] Figur in Mozarts Die Zauber flöte. ◼ 125 Herrn Bibels]