Page - 449 - in August Wilhelm Ambros - Musikaufsätze und Rezessionen 1872-1876

449 April 1873 145 150 155 160 165 170 Eine wahrhaft glänzende Versammlung füllte das Hofoperntheater am letzten Dinstag bei der Vorstellung zum Vortheile des Fonds der den Allerhöchsten Namen führenden Stiftung zur Versorgung von Officiers-Wittwen und -Waisen. Ein kleines Monodram von Jos. Weilen „Das Weib des Kriegers“ eröff- nete, von Frau Gabillon dargestellt, sinnig das Ganze und bot zugleich der Schau- lust durch drei brillante, von Herrn Gaul arrangirte Tableaux eine Augenweide. – Herrn Dopplers Musik dazu sei noch besonders belobt; sorgsam componirt und von sehr charakteristischer Färbung hob sich das Einzelne glücklich und wirksam hervor. Danach spielte Frau Menter das Concertstück von Weber, wie sie zu spie- len pflegt, d. h. ausgezeichnet, und das Finale sogar wahrhaft hinreißend. Zwei wenig bedeutende Lieder erhielten durch Herrn Scaria’s Vortrag Farbe und Leben; Frau Wilt glänzte in einer Ernani-Arie. Das kleine, etwas nach der Posse gehende, aber sehr amüsante, aus dem Französischen übersetzte Lustspiel „Aus der komi- schen Oper“ wurde durch das vortreffliche Spiel des Frl. Janisch und der Herren Sonnenthal und Meixner veredelt, ohne an drastisch-komischer Kraft das Mindes- te einzubüßen. Die Operette „Fünfundzwanzig Mädchen und kein Mann“ nahm sich im Kunsttempel des Opernhauses ziemlich wunderbar und sonderbar aus, indessen wurde uns diese momentane Invasion der Vorstadt durch die Einlagen plausibel gemacht: Gesänge der Damen Ehnn, Friedrich-Materna, Dillner und Tremel, Declamationen der Damen Janisch und Hartmann, Tanz der Fräulein Salvioni, Mauthner und Scholz – alles vom Publicum mit warmem Beifall entge- gengenommen. Der Schlußeffect einer auf weiland Gusikows Holz- und Strohin- strument oder vielmehr auf einem großen Ensemble solcher Instrumente von Fräulein Gindele, dem Herrn K. Treumann und den Damen des Hof-Opern chores mit wahrer Virtuosität ausgeführten Polka ergötzte allgemein, – die Klangwir- kung war originell, halb burlesk, aber durchaus nicht unangenehm. Wir haben darüber gelacht, wie über Haydns „Kindersymphonie“ oder ähnliche glückliche musikalische Scherze, welche man sich gelegentlich einmal gerne gefallen läßt. Ueberhaupt schien sich das Publicum sehr gut zu unterhalten. Rezensierte Veranstaltungen Konzert zum Vorteil des Pensionsinstituts des Hoftheaters, 7.  April 1873, Hofoper ◼ Drittes Konzert der Wr. Singakademie, 9.  April 1873, MVkl. ◼ Konzert des Wr. Cäcilien-Vereins, 6.  April 1873, Michaelerkirche ◼ Wohltätigkeitskonzert zum Besten der Armen Wiens, 13.  April 1873, MVgr. ◼ Konzert zum Vorteil des Fonds zur Versorgung kaiserlicher und königlicher Offiziers-Witwen und Waisen, 15.  April 1873, Hofoper Rezensierte Werke Allegri: Il Salmo Miserere mei, Deus ◼ Beethoven: Klaviersonate c-Moll op.  111 ◼ Doppler: Musik zu Das Weib des Kriegers ◼ Gluck: „L’Espoir renaît dans mon âme“ aus Orphée et Euri- dice ◼ Gounod: „Je veux vivre“ aus Roméo et Juliette ◼ Georg Friedrich Händel: Violinsonate A-Dur HWV [361 oder 372?] ◼ Michael Haydn: „Tenebræ factæ sunt“ ◼ August Horn: „Ab- schied“ op.  36 ◼ Mendelssohn: Symphonie Nr.  5 d-Moll op.  107 (Reformationssymphonie) ◼ Nie- dermeyer: „Pietà, Signore“ [fälschlicherweise Alessandro Stradella zugeschrieben] ◼ Rossini: „Una voce poco fa“ aus Il barbiere di Siviglia ◼ Scharfe: Nr.  2 „Das Mädchen und der Schmetter-