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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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47 Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre Im Versuch einer Antwort auf die Frage nach dem „Geheimnis des amerikanischen Erfolgs“ attestierte selbst ein kritischer Autor wie William T. Stead den USA  – neben der hier erstmals rassentheoretisch explizierten Fähigkeit der Amerikaner zu puritanischer Selbstbeschränkung und Leistung123  – im Bereich von Kunst , Wissenschaft und Musik schöpferische Leistungen , die in Europa oft unterschätzt würden.124 Dessen ungeachtet grassierten im deutschen Bildungsbürgertum angesichts der zuneh- menden ‚Amerikanisierung‘ deutscher Städte bald tiefsitzende Ängste vor Traditions- und Identitätsverlust , die teilweise kuriose Blüten trieben. So bezeichnete Werner Sombart im Jahr 1907 Berlin  – im Unterschied zur nach wie vor andersartigen , nämlich traditio- nellen Lebenskultur in Wien  – abschätzig als „Vorort von New York“;125 und der deut- sche Schriftsteller Franz Serveas betrachtete 1908 das konservative Wien „als „Damm und Bollwerk wider den eindringenden Amerikanismus“ im „Gesamtbereich der deutschen Kultur“.126 In politischer Hinsicht hingegen schien , wie Silvia Daniel konzise darzustellen ver- mochte , die Habsburgermonarchie für die amerikanische Politik so gut wie nicht zu existie- ren. Und obwohl das Kaiserreich durchaus nicht unmaßgeblichen Anteil am Ausbruch des Ersten Weltkriegs hatte und zunächst „für wenige Wochen Deutschland und Österreich in einem Atemzug genannt“127 wurden , rückte Österreich  – selbst nach der „Ancona“-Krise September 1915 , bei der ein k. k. U-Boot ein italienisches Schiff mit US-Bürgern an Bord versenkt hatte  – im Zuge des weiteren Kriegsverlaufes völlig in den Hintergrund. Aus US- Perspektive verfestigte sich bald das Bild eines militärisch und politisch schwachen Macht- gebildes , dessen „weakness“ bereits dem verbündeten Deutschen Reich zur Last fiele.128 Nicht zuletzt auch aufgrund der wiederholt kritisierten ethnischen Unterdrückungspolitik Einführung schneller Transportgelegenheiten.“ William T. Stead , Die Amerikanisierung der Welt , Berlin 1902 , 11 f. ; siehe weiters : Gertrud Deicke , Das Amerikabild der deutschen öffentlichen Meinung von 1898–1914 , Diss., Univ. Hamburg 1956. 123 „Der Aufschwung Amerikas lässt sich in verschiedener Weise erklären. Eine junge und lebenskräftige Rasse geriet über die unermesslichen Schätze eines jungfräulichen Kontinents. [ … ] Diese grosse Mi- schung heterogener Kräfte stellt eine neue zusammengesetzte Rasse dar , die sich nunmehr allen Forde- rungen dieser Erde unbeschränkt gegenüber sah , befreit von allen Fesseln der Vorurtheile , Ueberliefe- rungen und alteingebürgerter Einrichtungen , die die Völker der alten Welt einschränken. Die Amerikaner hatten keine unbequemen Gewänder abzuwerfen.“ Stead , Die Amerikanisierung der Welt , a. a. O., 1. 124 Ebd., 135 ff. 125 Werner Sombart , Wien. In : Morgen. Wochenzeitschrift für Deutschen Kultur , 1 , 1907 , Heft 6 , 173. Zit. nach : Otto , Deutsche Amerika-Bilder , a. a. O., 115. 126 Franz Serveas , Wien. Briefe an eine Freundin in Berlin , Leipzig [ 1908 ] , 129 ff. Zit. nach : Otto , Deutsche Amerika-Bilder , a. a. O., 115. 127 Silvia Daniel , A Brief Time to Discuss America. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Urteil amerika- nischer Politiker und Intellektueller (= Internationale Beziehungen. Theorie und Geschichte , Bd. 3 ), Göt- tingen 2008 , 424. 128 Ebd., 426 f.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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