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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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1. Images , Stereotype und Vorurteile 70 Ausgelassenheit 237 sowie phäakenhafter Unterhaltungslust , untermalt durch die „thrilling music of one of the finest bands in Germany“ [ sic ].238 Bezeichnenderweise war es dann insbesondere die Musik als „leichte Muse“, über die sich im 19. Jahrhundert positiv besetzte „Österreich“-Assoziationen verfestigten  – mit dem zentralen „Topos ‚Musikstadt Wien‘ “239  – und dann auch in Amerika verbreiteten , die in ihrer nationalen Zuschreibung jedoch , aufgrund der oftmaligen Subsumierung unter deutsche Kultur , keineswegs klar ausfielen. Die klassische , frühromantische Musik ver- half Wien jedenfalls dazu , sich als Welthauptstadt genialer Komponisten zu etablieren , und die Werke Haydns , Händels , Beethovens , Schuberts , später auch Mozarts , Bruckners oder Mahlers wurden in der Neuen Welt ebenso enthusiastisch gefeiert wie die leichten Operetten des Walzerkönigs Johann Strauß ( Sohn ) oder die Auftritte einer Fanny Elßler anlässlich ihrer Amerika-Tournee 1841.240 Bereits im April 1748 hatte der schottische Philosoph David Hume anlässlich eines Wien-Besuches und einer anschließenden Reise durch die Steiermark und Kärnten  – trotz Bewunderung für das österreichische Kaiserpaar  – teils wenig schmeichelhafte Worte über die Reichsmetropole sowie über Land und Leute gefunden , die ihm insbesondere in der Steiermark als schockierend „unzivilisiert , deformiert und grässlich in ihrem Aussehen“241 erschienen. Eine einprägsame und besonders pointierte , wohl auch regelrecht zornig-polemische Abrechnung mit der dumpf-derben Genuss-Sucht , der Gehorsamskultur , der despotischen Knebelung von Bildung und Wissenschaft , der Verdrossenheit und Verschwendungssucht der Einwohner jenes Landes , dessen Wappentier  – der Doppeladler  – „das ganze Reich in verderblicher und tödlicher Umklammerung“242 gefangen halte , verfasste dann der bereits 237 So bspw. die englische Schriftstellerin Francis Trollope 1838 in ihrer Charakterisierung der österreichischen „terra incognita“, wo die Bevölkerung Walzer oder Heurigengesänge der Politik vorziehen würde. Vgl. Spaul- ding , Quiet Invaders , a. a. O., 44. 238 Nathaniel Parker Willis , „First Impressions on Europe“. Zit. nach : Zacharasiewicz , Das Deutschlandbild in der amerikanischen Literatur , a. a. O., 49. 239 Martina Nußbaumer , Bauen an der „Musikstadt“. Materialisierungen eines Stadtimages im öffentlichen Raum Wiens. In : Margit Franz et al. ( Hrsg. ), Mapping contemporary history. Zeitgeschichten im Dis- kurs. Bd. 1 , Wien  – Köln  – Weimar 2008 , 107. Vgl. dazu im Detail die publizierte Dissertation : Martina Nußbaumer , Musikstadt Wien. Die Konstruktion eines Images , Freiburg i. Breisgau  – Wien 2007. 240 Vgl. Spaulding , Quiet Invaders , a. a. O., 106 ff. 241 Zit. nach : Gerhard Streminger , David Hume. Der Philosoph und seine Zeit , München 2011 , 261. Hume , der sich angesichts der der landschaftlichen Reize der Steiermark beeindruckt zeigte , merkte in Bezug auf die dortige Landbevölkerung des Weiteren an : „Sehr viele von ihnen haben hässlich geschwollene Kehlen. Debile und Taube tummeln sich in jedem Dorf , und das allgemeine Erscheinungsbild der Leute ist das schockierendste , das ich je gesehen habe.“ Ebd. 242 Charles Sealsfield [ Karl Postl ] , Österreich , wie es ist. Oder : Skizzen von Fürstenhöfen des Kontinents. Von einem Augenzeugen [ London 1828 ]. Hrsg. u. bearb. v. Primus-Heinz Kucher , Wien  – Köln  – Wei- mar 1997 , 139.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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