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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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1. Images , Stereotype und Vorurteile 74 non-political and unofficial“,262 war offensichtlich , dass sich das amerikanisch-österreichi- sche Verhältnis nachhaltig eingetrübt hatte. In einem diplomatischen Bericht vom 11. Feb- ruar 1898 hielt der österreichische Gesandte in New York mit kritischem Unterton fest , dass die Habsburgermonarchie nunmehr „die einzige europäische Großmacht“ sei , „welche ihre Vertretung hier in der früheren Weise als Gesandschaft belassen hat.“ Und weiter : „Daß die Fortdauer dieses Zustandes unserem Ansehen und der Wirksamkeit unserer Vertretung bei den Vereinigten Staaten nicht förderlich ist , drängt sich vom hierortigen Standpunkte von selbst auf. Die natürliche Entwickelung der Dinge ist aber zugleich eine solche , daß während die Rangerhöhung unserer Vertretung heute noch als ein Compliment an die Ver- einigten Staaten erschiene , sie in absehbarer Zeit diesen Charakter verlieren und als aufge- drungene Anerkennung der hiesigen Machtstellung aufgefaßt werden könnte.“263 Es verwundert kaum , dass parallel zum anwachsenden europäischen Antiamerikanis- mus und angesichts des zunehmenden Selbstbewusstseins amerikanischer Wirtschaft und Politik , die kulturellen Vorurteile der Alten Welt gegenüber Amerika  – so Günter Bischof  – nunmehr vermehrt auch zurückgespiegelt wurden. So zeigte sich anlässlich der Wiener Weltausstellung 1873 der Leiter der amerikanische Delegation , Charles Francis Adams , nur wenig beeindruckt und war von der amerikanischen Überlegenheit gegenüber der so- zial und ökonomisch rückständigen Donaumonarchie und ihrer verabscheuungswürdigen Reichsmetropole überzeugt.264 Im Unterschied zu Österreich , wo sich trotz des keineswegs ungespannten Verhältnisses der USA zur österreichischen Monarchie , weder im Verlauf des 19. noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein spezifisch negatives amerikanisches Österreich-Stereotyp herauskris- tallisierte ,265 kippte das ehemals positive amerikanische Bild von Deutschland und den Centuries , a. a. O., 66 f. Bezeichnenderweise nahm Heinrich Drimmel einen von Hülsemann verwendeten Begriff , der die vollständige politisch-weltanschauliche Unvereinbarkeit der USA und der Habsburgermo- narchie bezeichnete  – „antipodär“  – als Titelbegriff für sein Buch , dessen wertkonservativen Ausführungen er zudem die Einleitung aus Hülsemanns Dissertation voranstellte. Vgl. Heinrich Drimmel , Die Antipoden. Die Neue Welt in den USA und das Österreich vor 1918 , Wien  – München 1984 , 9 f. 262 Spaulding , Quiet Invaders , a. a. O., 46. 263 Zit. nach : Matsch , Wien  – Washington. Ein Journal diplomatischer Beziehungen 1837–1917 , a. a. O., 433. 264 Vgl. Bischof , Two sides of the Coin , a. a. O., 151. 265 So hatte Samuel Langhorne Clemens alias Mark Twain ( 1835–1910 ) zwar anlässlich seiner Besuche im österreichischen Parlament gehässige Schimpftiraden und Schreiduelle zwischen Lueger und Schönerer mitverfolgt und den Nationalitätenkonflikt als ernstes Problem registriert , aber sonst nahm er mit al- lergrößtem Interesse an den gesellschaftlichen Ereignissen der Wiener Salonkultur teil und zeigte sich hocherfreut über eine ihm zuteil gewordene Privataudienz bei Kaiser Franz Joseph I.. Siehe : Albert Lo- cher , Mit Mark Twain durch Europa. Samuel Langhorne Clemens in der Alten Welt ( 1891–1899 und 1903 / 1904 ). Bd. 2 , o. O. 2007 , 182 ff. bzw. 209. Vgl. dazu neuerdings auch den in deutscher Fassung publizierten Bericht Mark Twains zu den schier unglaublich turbulenten Geschehnissen im österreichi- schen Reichsrat anlässlich der Badenischen Sprachenverordnung im Oktober / November 1897 , wo es zu wüsten antisemitischen Schreiduellen und vulgären Verbalinjurien ( „Krieg der Beleidigungen“ ) und
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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