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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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1. Images , Stereotype und Vorurteile 78 Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges  – und nicht erst mit Kriegseintritt der USA 1917 , wie Alexander Sedlmaier meint283  – kulminierte die bisherige Ablehnung und Aversion gegenüber deutscher Großmannssucht und pangermanisch-militärischem Säbelrasseln aber schließlich in einer offenen und geradezu exzessiven Kampagne der US-Presse gegen die mörderischen Deutschen , die nun nicht mehr nur als Inbegriff von Militarismus und Imperialismus galten , sondern mit propagandistischem Aufwand als „outlaws“, als mör- derische „Hunnen“, als „barbarische Kindermörder und Hochseepiraten“284 dämonisiert wurden , geführt von einem hinterlistigen und brutalen Tyrannen , den man sogar zum Sa- tan ( „Satanic Kaiser“ ) stilisierte.285 Zudem trug Präsident Woodrow Wilson , der offiziell zunächst noch weiter auf Neutralitätspolitik und friedliche Beziehungen zu Deutschland setzte ,286 zur inneramerikanischen Hetze gegen die Deutschamerikaner bei , indem er diese 1915  – „born under other flags but welcomed under our generous naturalization laws to the full freedom and opportunity of America“  – in einer Rede als Störenfriede der nationalen Friedens bezeichnete.287 Die hysterische Stimmung führte zu Schmähungen und gewaltsamen Übergriffen ge- genüber Deutschamerikanern288 sowie zur Ächtung deutscher Kultur und Sprache an der „Heimatfront“.289 Unterstützt wurde diese Stimmung gegen alles Deutsche  – zusätzlich aufgeheizt durch die Versenkung des englischen Passagierschiffes „Lusitania“ im Mai 1915 , auf dem sich 128 Amerikaner befanden , und dem fortgesetzten deutschen U-Bootkrieg290  – 283 Vgl. Alexander Sedlmaier , Deutschlandbilder und Deutschlandpolitik. Studien zur Wilson-Administra- tion ( 1913–1921 ) (= Historische Mitteilungen im Auftrag der Ranke-Gesellschaft. Hrsg. v. Jürgen El- vert / Michael Salewski , Bd. 51 ), Stuttgart 2003 , 76. 284 Vgl. Totten , Deutschland  – Soll und Haben. Amerikas Deutschlandbild , a. a. O., 86. 285 Mollin , Amerikanische Spiegelungen  – das Deutschlandbild in den USA , a. a. O., 77. 286 In einem veröffentlichten Appell an die US-Bevölkerung vom 18. August 1914 hatte Wilson noch davon gesprochen , das sich die Vereinigten Staaten unparteiisch  – „impartial in thought as well as in action“  – zu verhalten beabsichtigten. Daniel , A Brief Time to Discuss America. Der Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Urteil amerikanischer Politiker und Intellektueller , a. a. O., 77. 287 Zit. nach : Sedlmaier , Deutschlandbilder und Deutschlandpolitik. Studien zur Wilson-Administration , a. a. O., 59. 288 Tatsächlich gab es auch ein Opfer , einen jungen deutschstämmigen Minenarbeiter in Illinois. Vgl. Don H. Tolzmann ( Ed. ), German-Americans in the World Wars. Bd. 1 : The Anti-German Hysteria of World War One , München  – New Providence 1995 , 237 ff. Zit. nach : Mollin , Amerikanische Spiegelungen  – das Deutschlandbild in den USA , a. a. O., 77. 289 So wurde in den Bildungseinrichtungen der US-Bundesstaaten die deutsche Sprache regelrecht eliminiert , was , wie Mollin ausführt , zu einem „Kahlschlag“ führte : zwischen 1915–1922 „verringerte sich der Anteil von deutschlernenden High-School-Schülern von 25 % auf weniger als 1 %“. Mollin , Amerikanische Spie- gelungen  – das Deutschlandbild in den USA , a. a. O., 78 ; vgl. dazu insbesondere auch : Paul Finkelman , War on German Language and Culture , 1917–1925. In : Hans-Jürgen Schröder ( Ed. ), Confrontation and Cooperation. Germany and the United States in the Era of World War I , 1900–1924 , Oxford 1993 , 189 ff. 290 Vgl. Sedlmaier , Deutschlandbilder und Deutschlandpolitik. Studien zur Wilson-Administration , a. a. O., 183 f.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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