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2. „Education for Victory“
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Um- und Einschulungsmaßnahmen zu Rüstungszwecken , die , eingebettet in Kurse zur
Stärkung der nationalen Moral und zur Festigung demokratischer Loyalität , in hohem
Tempo angelaufen waren :
“Engineers are being given short courses in some 150 technical colleges and universities ; these
and other colleges are providing special short courses of training in physics , chemistry , and
production supervision for fields essential to the national defense. Additional thousands of
unemployed men and women , drawn from registers of public employment offices , are being
given preemployment courses in many of the 550 defense industrial occupations
– in machine
shop work , in aircraft work , in riveting , and in ship building.”512
Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion im Juni 1941 sowie insbesondere der japanische
Überfall auf Pearl Harbour am 7. Dezember 1941 mit dem darauffolgenden Kriegseintritt
Amerikas an der Seite von Großbritannien und der Sowjetunion513 hatten eine weitere
Intensivierung der angelaufenen Programme , der medialen Propaganda und der psycholo-
gisch-sozialwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den spezifischen Erfordernissen
des nationalen Abwehrkampfes514 sowie des öffentlichen „Education in Wartime“-Dis-
kurses zur Folge.515
Auf einer bundesweiten Konferenz zu „Higher Education and the War“ in Baltimore
Anfang Jänner 1942 , die vom kurz zuvor geschaffenen „Committee on Military Affairs“ des
staatlichen „National Committee of Education and Defense“ durchgeführt wurde und an
der mehr als 1. 000 offizielle Vertreter aus den Bereichen College , Universität , War De-
partment , Navy Department und Militär allgemein teilnahmen , wurde angekündigt , nun
512 Ebd., 11.
513 Vgl. Viktor Issraelian , Die Antihitlerkoalition. Die diplomatische Zusammenarbeit zwischen der UdSSR ,
den USA und England während des Zweiten Weltkrieges 1941–1945 , Moskau 1975 , 67.
514 Siehe dazu : George Creel , Propaganda and Moral ; James Rowland Angell , Radio and National Morale ;
Robert E. Park , Morale and the News sowie Walter Wanger , The Role of Movies in Moral ; alle in : The
American Journal of Sociology , Vol. XLVII , November 1941 , No. 3 , 340–351 ; 352–359 bzw. 360–377 bzw.
378–383.
515 So wurde 1942 neben The School and Society auch der Klassiker der amerikanischen Bildungsphilosophie
schlechthin , nämlich „Democracy and Education“ von John Dewey , ergänzt um einen Bezug zum Fa-
schismus , aus Gründen nationaler Verteidigung und ideeller Selbstvergewisserung neu aufgelegt. 1942
hatte Dewey einen Vortrag über die Situation in Deutschland – „The One-World of Hitler’s National
Socialism“ – gehalten , in dem er ausführte , dass der Nationalsozialismus die konsequente Fortsetzung
beziehungsweise die pervertierte Vollendung der dualistischen , abstrakten Philosophie des deutschen
Idealismus sei. Vgl. Otto Schlander , Der Einfluß von John Dewey und Hans Morgenthau auf die For-
mulierung der Re-educationpolitik. In : Manfred Heinemann ( Hrsg. ), Umerziehung und Wiederauf-
bau. Die Bildungspolitik der Besatzungsmächte in Deutschland und Österreich (= Veröffentlichungen
der Historischen Kommission der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft , Bd. 5 ), Stutt-
gart 1981 , 47.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741