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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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159 „Our Country’s Call to Service“ des Faschismus“ wurden spannende Analysen zur „Neurose“ des deutschen Kleinbürger- tums , zum „Führerprinzip“, zur „Rassenmythologie“, zur Sündenbockfunktion des An- tisemitismus ( „persecution of scapegoats“ ),683 zu imperialistischen Allmachtsphantasien , zur Indoktrinierung der Jugend und zur politischen Funktion von NS-Terror und Gewalt vorgelegt. Trotz vereinzelter Verweise auf Elemente eines spezifisch martialischen und zu simpler Unifizierung684 neigenden deutschen Nationalcharakters beschränkten sich diese Darstellungen jedoch auf die Analyse des politischen Systems. Nachdem sich das emigrierte Frankfurter Institut für Sozialforschung unter Federführung von Erich Fromm bereits 1936 mit Studien zum autoritären Charakter beschäftigt hatte ,685 befassten sich Ende der Dreißigerjahre auch Medizin und Psychiatrie verstärkt mit diesem Themenfeld. Psychiater wie Edward Strecker begannen sich mit Fragen der Massenparanoia und Massenbeeinflussung im Kontext einer politischen Reorientierung zu beschäftigen und sahen dabei in der durch „Re-education“ vermittelten „Mentalhygiene“ ein Gegenmittel zu destruktiver Indoktrinierung.686 Ende 1940 wurde auch ein eigenes „Committee for National Morale“  – unter Vorsitz von Harold Ickes und der Mitarbeit des späteren Hochkommis- sars für Deutschland John McCloy687  – gegründet , in dem sich neben Pädagogen , Histori- kern , Sozialwissenschaftern , Medizinern und Neurologen insbesondere auch Psychiater und Psychologen befanden.688 Des Weiteren wurde im November 1940 vom „National Research Council“ ( NRC ) in Washington ein Team von 25 Sozialpsychologen zusammengezogen , das sich künftig mit Fragen der Stärkung nationaler Moral befassen und über ein eigenes Sub- komitee des NRC landesweite „Defense Seminars“ an Universitäten organisieren sollte.689 Ab 1943 / 44 wurde schließlich unter der Leitung von Theodor W. Adorno und dem US-Sozialpsychologen R. Nevitt Sanford in Berkeley ein Forschungs-Großprojekt zur „Authoritarian Personality“ begonnen. Ziel dieses vom „American Jewish Congress“ finan- zierten Antisemitismus-Forschungsprojektes , das an die Vorarbeiten von Erich Fromm aus 683 Schuman , Design for a People’s Peace , a. a. O., 312 ff. 684 „Unity has been partially attained by the superficial co-ordination of external motions ; ‚the German natio- nal dance Step‘ is the goose step. Beneath the facade of external harmony survive the legacies of disunion.“ Lasswell , The Psychology of Hitlerism , a. a. O., 381. 685 Erich Fromm / Max Horkheimer et al., Studien über Autorität und Familie : Forschungsberichte aus dem Institut für Sozialforschung , Paris 1936. 686 Uta Gerhardt , The Medical Meaning of Reeducation for Germany : Contemporary Interpretation of Cul- tural and Institutional Change. In : Paedagogica Historia , XXXIII , 1997 , 1 , 136 f. 687 Schuhmacher , Kalter Krieg und Propaganda , a. a. O., 53. 688 In diesem Komitee saßen unter anderen die Psychologen Gardner Murphy , Henry Murray , Goodwin Watson und Robert Yerkes. In dem „Psychologischen Subkomitee“ befanden sich des Weiteren u. a. Gor- don Allport , Walter Bingham , Geoffrey Gorer , Ernst Kris und Kurt Lewin. NA , OSS , Entry 146 , Box 150 , Folder 2278. Zit. nach : Louise E. Hoffman , American Psychologists and Wartime Research on Germany , 1941–1945. In : American Psychologist , Vol. 47 , February 1992 , 267 ; Vgl. auch Gerhardt , The Medical Meaning of Reeducation for Germany , a. a. O., 136. 689 Hoffman , American Psychologists and Wartime Research on Germany , a. a. O., 266.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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