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Exkurs : die österreichische Emigration in den USA
Die politische Einschätzung der vergleichsweise kleinen österreichischen politischen
Emigrantenzirkel in New York und an der amerikanischen Westküste , die mehr gegenein-
ander als miteinander arbeiteten , fiel aus Sicht der geheimdienstlichen „Foreign Nationa-
lities Branch“ kurz und präzise aus :
“The main concern of the Austrians , and the only one which has united them , has been the
re-creation of an independent Austria. There has been a tendency among Social Democrats
to pursue the Pan-German traditions of their party , favouring union with a postwar Socialist
Germany. [ … ] The presence in this country until late in 1944 of Otto von Habsburg , pretender
to the Austrian throne , complicated the political situation and caused divisions within the
Austro-American community. [ … ] The majority of the refugees , supported by certain rep-
resentatives of European countries contiguous to Austria , denounced Otto’s pretentions and
opposed the political organizations associated with the Habsburg cause. [ … ] The left wing of
the Austrian political community in the United States has recently shown a bifurcation. The
Austrian Labor Committee , a Social Democratic organization , perpetuates with some modifi-
cations the traditions of Austro-Marxism and its dreams of a gesamt-deutsche Revolution. [ … ]
The other branch of the Austrian Left is represented by the Communist-line Austro American
Association and Austro American Youth [ … ]. These organizations have come into sharp con-
flict with the Social Democrats over the Moscow Declaration on Austria of November 1 , 1943.
While the Communist organizations took the Declaration as a signal for Austrians abroad to
drop party differences and unite behind the cause of Austrian liberation , the Austrian Labour
Committee greeted the pronouncement with reserve and has refused to enter a coalition.”804
Bereits 1942 hatte ein OSS-Bericht zur österreichischen Emigration in den Vereinig-
ten Staaten hinsichtlich der Sozialdemokratie lapidar festgestellt , dass diese die Ko-
operation mit anderen Exil-Gruppierungen strikt ablehne , und eine Einheit unter den
politischen Émigrés schon allein deshalb unmöglich sei.805 Das Auftreten monarchis-
tischer Zirkel rund um Otto Habsburg wäre aus Perspektive des amerikanischen Demo-
kratieverständnisses schwierig nachzuvollziehen ,806 mit den „cold realities of the New
804 Foreign Nationality Groups in the United States. A Handbook ( revised edition ), April 1945 , 18 ff. Zit.
nach : Siegfried Beer , Exil und Emigration als Information , a. a. O., 139 , 140 f.
805 The Austrians. Foreign Politics in the United States. Foreign Nationalities Branch. Office of the Coordi-
nator of Information , August 1942 , a. a. O., 18.
806 So schrieb bspw. u. a. Dr. Ernst Hoor Briefe an prominente amerikanische Tageszeitungen , in denen er
versuchte , ein Missverständnis auszuräumen : „[ … ] it is a mistake to think that people are ‚anti-democratic‘
because they advocate a monarchic form of government.“ Zit. nach : Memorandum. Military Committee
for the Liberation of Austria , 23. Februar 1943 , 11. U. S. Office of Strategic Services. Foreign Nationalities
Branch Files 1942–1945. Indexes , Bethesda 1998 [ Mikrofiche-Bestand , Institut für Zeitgeschichte der
Universität Wien , Bibliothek ] , INT–4AU–303.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741