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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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2. „Education for Victory“ 188 Im Sommer 1942 richteten Friedrich Engel-Jánosi822 und Willibald M. Plöchl ein Schreiben an Präsident Roosevelt , worin sie auf den „allseits bekannten Fakt“ verwiesen , dass Österreich von 1933 bis 1938 der NS-Aggression mit dem ersten Opfer Kanzler Doll- fuß Widerstand geleistet hätte , und empfahlen für die politisch-strategische Nachkriegs- planung die Ernennung eines „American Commissioner on Austrian Affairs and of several American and Austrian experts“, um den Wiederaufbau der „silenced nation“ Österreich „in a reorganized Danubian area“ vorbereiten zu helfen. Kultur- , bildungs- oder wissen- schaftspolitische Überlegungen wurden darin , im Gegensatz zu militärischen oder nach- richtendienstlichen Fragen , allerdings nicht angesprochen.823 Die raren Dokumente der österreichischen US-Emigration , die sich zumindest in An- sätzen mit einer geistigen „Umerziehung“ nach dem Krieg befassten , entstanden innerhalb der österreichischen Exil-Sozialdemokratie. Bereits im Februar 1943 hatte Carl Furtmül- ler824 einen kurzen Artikel in der Austrian Labor Information , dem Organ des „Austrian Labor Committees“, veröffentlicht , in dem er sich  – bezugnehmend auf die von Vizepräsi- dent Henry A. Wallace geforderte „psychologische Abrüstung“  – mit der Frage der geisti- gen Umerziehung in „Deutschland und Österreich“ auseinandersetzte und die „Nachbar- schaft mit der militärischen Abrüstung“ als nicht „unglücklich“ ansah : „Dies ist eine Zwangsmaßnahme gegen einen besiegten Friedensstörer , sie bringt ihn naturge- mäß und bewusst in eine schlechtere Lage als seine Nachbarn und hat somit eine von außen kommende Kontrolle als notwendiges Korrelat. Die ‚psychologische Abrüstung‘ strebt eine 822 Friedrich Engel-Jánosi ( 1893–1978 ), österreichischer Historiker und Jurist. Engel-Jánosi studierte u. a. bei Alfred Francis Pribram und habilitierte sich 1929 unter Heinrich von Srbik an der Universität Wien. Er emigrierte 1938 zunächst nach England , 1940 dann weiter in die USA. Im US-Exil unterstützte En- gel-Jánosi die Einrichtung eines „Österreich-Battaillons“. Siehe : International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Vol. II / Part 1 , a. a. O., 264. 823 Brief von Friedrich Engel-Jánosi und Willibald M. Plöchl an Präsident Franklin D. Roosevelt ( White House , Washington , D.C. ) mit Vorschlägen betreffend die amerikanische Österreichpolitik , 20. 7. 1942 [ DÖW 15. 188 / 5 ]. Zit. nach : Eppel , Österreichische Exilpolitik in den USA. In : Österreicher im Exil USA , 1938–1945. Eine Dokumentation. Bd. 2 , a. a. O., 425 f. 824 Carl Furtmüller ( 1880–1951 ), österreichischer Pädagoge , sozialistischer Schulreformer und Psychologe , Mitarbeiter Alfred Adlers. Von Otto Glöckel wurde Furtmüller in die Reformabteilung des Unterrichts- ministeriums berufen. 1922 folgte er Glöckel in den Wiener Stadtschulrat. Von 1920 bis 1933 war er Herausgeber der Zeitschrift Wiener Schule des Stadtschulrats. 1939 emigrierte Furtmüller mit seiner Frau nach Paris und fiel nach dem Fall Frankreichs auf der Flucht nach Spanien den Franko-Truppen in die Hände. Durch persönliche Unterzeichnung eines Einreisevisums durch Präsident Roosevelt gelangten beide über Lissabon in die USA , wo Furtmüller zunächst als Deutschlehrer in Baltimore , dann als Über- setzer für Deutschsendungen der „Voice of America“ arbeitete. 1947 kehrte er nach Österreich zurück. Von 1948 an leitete er das Pädagogische Institut der Stadt Wien. Siehe : Kenner , Der zerrissene Him- mel. Emigration und Exil der Wiener Individualpsychologie , a. a. O., 120 ff. ; weiters : Sabine Zaufarek , Carl Furtmüller  – Biografie : http://www.psyalpha.net/biografien/wiener-psychoanalytische-vereinigung- bis–1938/carl-furtmueller–1880–1951/carl-furtmueller-biografie-sabine-zaufarek [ Zugriff 11. 7. 2011 ].
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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