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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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205 Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen undKonzepte Eine weiteres Beispiel für eine private Einrichtung , die sich aktiv und eigenständig mit Nachkriegsplanungen beschäftigte , war das an der New Yorker Universität angesiedelte „Institute for the Re-education of the Axis Countries“, in dem Repräsentanten verschiede- ner Berufsorganisationen und Angehörige des öffentlichen Dienstes vertreten waren und deren aufklärerische Überlegungen auf eine langfristige Perspektive einer bildungsbezo- genen Umorientierung ausgelegt waren. So formulierte etwa einer der Mitarbeiter und Mitglied des „Sub-Committees“, Friedrich Wilhelm Foerster ,892 der im Umfeld dieses Instituts auch publizistisch aktiv war , dass ein gegen Untertanengeist gerichteter Reorien- tierungs-Prozess nach vorheriger profunder Entnazifizierung aller gesellschaftlichen Be- reiche , auf den Werten der „Selbstverwaltung , der Eigenverantwortung , Kooperation und Gleichberechtigung basieren“,893 und den Aufbau moderner Erwachsenenbildungszentren „nach dem dänischen Muster Grundtvigs“894 miteinschließen sollte. Das Institut , das mit dem „US Committee on Educational Reconstruction“ kooperierte , beschäftigte sich , unter dem Vorsitz von T. C. Pollock und geleitet von Reinhold Schairer als Sekretär ,895 mit bildungspolitischen und kulturellen Aufgabenstellungen für den unter alliierter Besatzung durchzuführenden Wiederaufbau. Bis zum Sommer 1945 wurden vom „Institute on the Re-education of the Axis Countries“ mehrere detaillierte Memoranden und Reports zur Reeducation verfasst , die sich neben dem Bildungswesen auch mit Maß- nahmen im Bereich der Massenmedien beschäftigten und die Einrichtung eines „Boards of Educational Advisers“ empfahlen , das die Militärbehörden durch hochrangige Experten in allen Agenden der zivilen Reeducation unterstützen sollte.896 Ohne hier weiter auf die zahllosen Gremien , universitären Boards , philanthropischen Vereinigungen , publizistischen Erörterungen , wissenschaftlichen Einzelstudien und Me- moranden897 eingehen zu können , lassen sich im Hinblick auf die mannigfaltigen Akti- 892 Friedrich Wilhelm Foerster ( 1869–1966 ), deutscher Philosoph , Pädagoge , und Pazifist , der in seinen Schriften früh vor den Folgen von Militarismus und Nationalismus gewarnt hatte. Foerster , dessen Werke von den Nationalsozialisten verbrannt wurden , emigrierte 1940 über Portugal in die USA. Siehe : Ma- ria Hoschek : Friedrich Wilhelm Foerster ( 1869–1966 ). Mit besonderer Berücksichtigung seiner Bezie- hungen zu Österreich ( Europäische Hochschulschriften , 3. Geschichte und ihre Hilfswissenschaften , Bd. 920 ). 3. Aufl., Frankfurt am Main et al., 2006 [ 2002 ]. 893 Füssl , Deutsch-Amerikanischer Kulturaustausch , a. a. O., 130. 894 Ebd. Nicolaj Frederick Severin Grundtvig ( 1783–1872 ), dänischer Theologe , Dichter , Philosoph , Histo- riker und Sozialkritiker. Grundtvig erlangte als Erzieher und Begründer des ( dänischen ) Volkshochschul- wesens weltweite Bedeutung. Siehe : Norbert Vogel , Grundtvigs Bedeutung für die deutsche Erwachse- nenbildung. Ein Beitrag zur Bildungsgeschichte , Bad Heilbrunn / Obb. 1994. 895 Dem Institutsgremium gehörten neben Pollock , Schairer und Foerster weiters an : F. M. Crowley , J. K. Folsom , S. L. Hamilton sowie E. Hanke. 896 NARA II , RG 260 , OMGUS  – ECR , Box 89. Report on the Re-education of Germany. Presented by the Sub-Committee , Institute on the Re-education of the Axis Countries , 15. Juni 1945. 897 So z. B. ein 49-seitiges Memorandum der Stanford University , das sich auf Basis einer historischen Ana- lyse insbesondere mit dem Aufbau des Universitätssystems in Deutschland beschäftigte. NARA II , RG
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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