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2. „Education for Victory“
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Experten allerdings kaum beziehungsweise nur höchst marginale Bedeutung. Zwar nah-
men die „Post-Hostilities“-Planungsstäbe in ihren Vorbereitungen für die Militärverwal-
tung der Besatzungszonen die Reorientierungs- beziehungsweise Reeducation-Aufgaben
in ihre Agenda auf , doch die Wahrnehmung dieser demokratiepolitischen Aufgabenstel-
lung , die klar nach einem zivilen Engagement verlangte , scheint die verantwortlichen US-
Militärstellen von Anfang an überfordert zu haben – sie entsprach auch nicht den im
engeren Sinne militärischen Aufgabenbereichen. Daher bildeten , wie auch James F. Tent
unterstreicht , die edukativen und kulturellen Agenden von Anfang an einen Fremdkörper
innerhalb der militärischen Planungen :
“From first , control of education was a responsibility that fitted only imperfectly into military-
government operations. It attracted little attention and had the lowest of priorities. The neglect
first became apparent in the North African and Italian campaigns in 1942 and 1943 , where re-
ports grossly inadequate education staffing surfaced. The same problem materialized again in
1944 , during preparations for the invasion of Europe , when SHAEF planning staffs and G-5
civil-affairs detachments were minuscule and unable to obtain adequate information for either
short- or longterm planning.”916
Es ist daher nicht weiter verwunderlich , dass die Reeducation in ihrer schließlich mili-
tärbehördlich vorgesehenen Umsetzung inhaltlich weitgehend undefiniert blieb , und
– in
enger Junktimierung zum operativen Bereich personaler Entnazifizierung – lediglich als
formaler Appendix zu den Handbüchern der alliierten Militärverwaltungen auftaucht : als
materiale und ideologische Maßnahme zur „Säuberung“ im Bereich schulischer Curricula ,
des Lehrmaterials an Universitäten , als „Entnazifizierung“ der Bestände der Bibliotheken ,
der öffentlichen Büchereien , der Museen und anderen öffentlicher Kultureinrichtungen917
sowie als Kontrolle des Rundfunks , der Presse und des Verlagwesens.918 Die absolute Prio-
rität eines primär auf Verbote und strikte militärische Kontrolle setzenden Maßnahmenka-
talogs – angefangen von Non-Fraternisierungbestimmungen bis hin zu Zensur und „con-
trol of public entertainments within Germany“ – dokumentiert auch der „Psychological
Warfare Plan“ im Rahmen der „Operation Eclipse“ vom März 1945.919
916 James F. Tent , Mission on the Rhine. Reeducation and Denazification in American-Occupied Germany ,
Chicago – London 1982 , 9.
917 Vgl. NARA II , RG 260 , USG CC 1944–45 , Box 20 , Folder 8. Draft Directive to the US ( UK ) ( USSR )
Commander-in-Chief. Control of Educational Institutions in Germany , 14. September 1944.
918 Vgl. NARA II , RG 260 , USG CC 1944–45 , Box 20 , Folder 8. Annex X. Plan for German Information
Services Control. Basic Preliminary Plan. Tripartite Occupation and Control of Germany , 17. Februar
1945 [ General B. L. Milburn ].
919 NARA II , RG 260 , USG CC 1944–45 , Box 27 , Folder 14. P & PW Annex. Second Draft. Annex No. 5.
Publicity and Psychological Warfare. Operations Plan , Operation „Eclipse“. Headquarters Twelfth Army
Group. APO 655 , 24. März 1945 , 1.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741