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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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213 Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte Die Gründe , warum der breite zivilgesellschaftliche Konsens hinsichtlich der Notwen- digkeit längerfristiger Reorientierungs-Maßnahmen im Kontext der militärischen Nach- kriegsplanungen  – anders als zu erwarten stünde  – letztlich keine entsprechende inhalt- liche Transmission in die administrativ-strategischen Vorbereitungsarbeiten der alliierten Militärbesatzung erfahren hat , sind wohl zu komplex , um auf einen einfachen Nenner gebracht zu werden. Von zentraler Bedeutung war aber sicherlich die Haltung Präsident Roosevelts , der längerfristigen Planungsperspektiven  – nämlich denen seiner eigenen Mit- arbeiter im US-State Department  – mit großer Skepsis begegnete und in Bezug auf die Nachkriegspolitik gegenüber Deutschland zunächst stark dem Bestrafungskonzept seines Finanzministers Henry Morgenthau zuneigte , das die Rückführung Deutschlands in ei- nen vorindustriellen Agrarstaat vorsah.920 Das ist in der  – sowohl gegen die britischen und russischen Intentionen als auch gegen das Department of State921  – formulierten Doktrin der bedingungslosen Kapitulation ( „unconditional surrender“ ) ebenso ersichtlich wie in der maßgeblich von Morgenthau inspirierten Geheimdirektive 1067 der „Joint Chiefs of Staff“ ( JCS ) für die Behandlung Deutschlands ; sie erging im September 1944 als Direktive bezüglich des „Military Government of Germany“ an General Dwight D. Eisenhower als „Supreme Commander , Allied Expeditionary Force“ ( SCAEF ) und formulierte als klares Ziel „the prompt defeat of the enemy“. In dem Dokument , das zunächst weder von dem sowjetischen Bündnispartner noch vom amerikanisch-britischen „Combined Civil Affairs Committee“  – eingerichtet im Frühjahr 1943 innerhalb der G-5-Abteilung von SHAEF  – angenommen wurde , findet sich in Bezug auf die geplante Vorgehensweise in Deutschland ein explizit auf Bestrafung ausgerichtetes Konzept , das den zivilen Reorientierungs-Über- legungen geradezu diametral gegenüberstand : “Pending the receipt of directives containing long range policies , your objectives must be a short term and military character , in order not to prejudice whatever ultimate policies may be later determined upon. Germany will not be occupied for the purpose of liberation but as a defeated enemy 920 Vgl. dazu : Otto Schlander , Der Einfluß von John Dewey und Hans Morgenthau auf die Formulie- rung der Re-educationspolitik. In : Heinemann ( Hrsg. ), Umerziehung und Wiederaufbau , a. a. O., 42 f. ; weiters : Jutta-B. Lange-Quassowski , Amerikanische Westintegrationspolitik , Re-education und deutsche Schulpolitik. In : Heinemann ( Hrsg. ), Umerziehung und Wiederaufbau , a. a. O., 54 f. ; siehe auch : Wilfried Mausbach. Zwischen Morgenthau und Marshall. Das wirtschaftspolitische Deutsch- landkonzept der USA 1944–1947 (= Forschungen und Quellen zur Zeitgeschichte , Bd. 30 ), Düsseldorf 1996. 921 Seit der Teheraner Kriegskonferenz wandten sich sowohl die Sowjetunion als auch Großbritannien gegen die Verwendung des Terms „Unconditional Surrender“ in Bezug auf Deutschland. Vgl. Foreign Relations of the United States ( FRUS ). Diplomatic Papers , 1944. Vol. 1. General. U. S. Government Printing Ser- vice 1944. Hrsg. v. Historical Office des Departments of State , Washington D.C. 1966. Mr. William Phil- lips , Political Advisor at the Headquarters of the Supreme Allied Commander , to the Secretary of State , London 17. Dezember 1944 , 484.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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