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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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291 Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung In seiner sichtlich um eine rasche Aufhebung der US-Enthebungsbestimmungen gegen- über „Austro-Faschisten“ bemühten Argumentation sparte Gruber nicht mit teils unter- griffiger Kritik gegenüber Kommunisten und Sozialisten : so würden erstere unter dem Begriff „Faschist“ gerne alles subsumieren , was nicht Mitglied der Kommunistischen Par- tei sei , und bezüglich der SPÖ sei , so Gruber , hinlänglich bekannt , dass diese selbst einen radikalen Flügel ( gehabt ) habe. Hier empfahl Gruber Erhardt kurzerhand die Lektüre der sozialdemokratischen Zeitschrift Der Kampf sowie des Linzer Parteiprogrammes von 1926 , wobei er aus beiden Quellen längere Textpassagen als Beleg für die unversöhnliche , klas- senkämpferische Haltung der Sozialdemokratie zitierte. Darüber hinaus legte Gruber in diesem Zusammenhang dar  – freilich ohne jede Zusammenhang mit den politischen Ge- schehnissen der Ersten Republik  –, dass die Sozialdemokratie mit dem Republikanischen Schutzbund selbst eigene , „hochbewaffnete militärische Formationen“1250 gehabt habe. Besonders verquer wurde Grubers Bemühen , den Austrofaschismus-Passus in den US- Säuberungsdirektiven als demokratiepolitisch geradezu sinnwidrig darzustellen , als er die ‚katholischen‘ Ostmärkischen Sturmscharen als Gegengewicht zur Heimwehr charakte- risierte , deren Aufgabe es gewesen sei , die Heimwehr so rasch wie möglich zu überneh- men : außerdem strich er deren quasi ‚zivilen‘ Charakter hervor , indem er die Heimwehr selbst als aus überaus heterogenen Elementen wie lokalen Schützenverbänden bestehend darstellte , deren Obmänner gleichermaßen automatisch Leiter der Heimwehrabteilungen wurden. Außerdem habe deren Hauptaufgabe , so Gruber weiter , geradezu in einer Schutz- funktion gegenüber der kommunistischen Gefahr bestanden : “But the purpose was not the establishment of a fascist dictatorship but protection against the dangers of a Communist revolution  – at the time when in Hungary , Bavaria and Upper Italy Communist attempts at dictatorship were occurring.”1251 Inwieweit nun Grubers Einwände , die taktisch gezielt die Gefahr einer politischen Stär- kung der Kommunisten  – „definite strengthening of influence of certain parties in Austrian politics“  – an die Wand malten , tatsächlich direkten Einfluss auf die Säuberungsdirekti- ven der amerikanischen Besatzungsmacht nahmen , muss an dieser Stelle nicht zuletzt auf Grund fehlender Quellen dahingestellt bleiben.1252 Tatsache ist hingegen , dass die ehe- 1250 Ebd. 1251 Recordings of the U. S. Department of State relating to the Internal Affairs of Austria 1945–1954 ( Mi- krofilm-Bestand Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien ), Decimal File , Reel 1 , John G. Er- hardt , Office of the Political Officer / USFA , „Transmitting letter from Under Secretary for Foreign Af- fairs , Dr. Gruber , regarding American Policy on Austro-Fascism“, a. a. O., 2. 1252 Erwähnenswert ist , dass sich Gruber in dem zitierten Schreiben an US-Gesandten Erhardt insbesondere auch gegen die Durchführung der politischen „Säuberung“ seitens der Staatspolizei in Wien wandte , deren Leiter ( Heinrich Dürmayer ) von den US-Militärbehörden den Befehl erhalten habe , Listen ehe- maliger Heimwehr-Angehöriger zu erstellen. Demgegenüber schien Erhardt keinerlei Einwände gegen
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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