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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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293 Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung hen Schulen“ in der Zwischenkriegszeit zunehmend zu einem Hort der Reaktion und des aggressiv auftretenden Nationalsozialismus. Antisemitische Krawalle , „völkische“ Über- fallskommandos mit Schlagstöcken , Spießrutenläufe für jüdische Studenten , blutige Prü- geleien zunächst mit Heimwehr- und immer öfter auch mit Nazistudenten sowie Haken- kreuz-Schmierereien begannen den studentischen Alltag zu dominieren.1255 Zusätzlich verschlimmert wurde diese Situation durch den Beschluss des akademischen Senates , nur die „Deutsche Studentenschaft“ ( d. i. die Koalition der völkischen Studenten mit dem an- tisemitischen CV ) als Vertretung zu den Hochschulwahlen zuzulassen : „Nicht-Arier“ oder Sozialdemokraten waren ausgeschlossen.1256 Nach dem Sieg der Nationalsozialisten an der Universität Graz bereits im Jahr 1930 erzielten die nationalsozialistischen Studenten 1931 auch bei den Hochschülerschaftswahlen an der Universität Wien , an der Universität für Bodenkultur und an der Technischen Hochschule in Wien die Mandatsmehrheit ,1257 was 1896 war jüdischen Studierenden von „wehrhaften“ Studentenverbindungen die Satisfaktionsfähig- keit und Ehre abgesprochen worden  – erlebte der Rassensantisemitismus im Gefolge der als „Slawisie- rungspolitik“ denunzierten Sprachenverordnungen Minister Badenis einen ersten Höhepunkt , indem , wie Oliver Rathkolb hervorhob , die Universität durch antislawische und antijüdische Demonstrati- onen erstmals „auch physisch in Geiselhaft“ genommen , somit politischer Druck ausgeübt wurde. Vgl. Oliver Rathkolb , Gewalt und Antisemitismus an der Universität Wien seit der Badeni-Krise. Vortrag bei der Tagung : „Der lange Schatten des Antisemitismus. Kritische Auseinandersetzungen mit der Geschichte der Universität Wien im 19. Jahrhundert“, Universitätsarchiv Wien , 11. Oktober 2012. Für die Möglichkeit zur Einsichtnahme in das unveröffentlichte Vortragsmanuskript danke ich an dieser Stelle Herrn Univ.-Prof. DDr. Oliver Rathkolb. Zur biologistischen Instrumentalisierung ostjüdischer Studierender an der Universität Wien im Zusammenhang wissenschaftlichen Konkur- renzkampfes siehe die umfangreiche Studie : Felicitas Seebacher , Das Fremde im „deutschen“ Tempel der Wissenschaften. Brüche in der Wissenschaftskultur der Medizinischen Fakultät der Universität Wien (= Veröffentlichungen der Kommission für Geschichte der Naturwissenschaften , Mathematik und Medizin ), Wien 2011. Allgemein siehe : Robert S. Wistrich , Die Juden Wiens im Zeitalter Franz Josephs (= Anton-Gindely-Reihe zur Geschichte der Donaumonarchie und Mitteleuropa 4 ), Wien  – Köln  – Weimar 1999 , 302. 1255 Nachdem sich Engelbert Dollfuß als Gründungsmitglied der „Deutschen Studentenschaft“ bereits 1920 öffentlich für einen akademischen Arier-Paragrafen ausgesprochen hatte , verfasste die „Deutsche Stu- dentenschaft“ 1925 eine Denkschrift , die gegen „sittliche Orientalisierung und rassische[ r ] Judaisierung“ auf Boden der Universität wetterte ; das Dokument wurde auch von Leopold Figl als damaligem Leiter der studentischen katholischen Minderheitsfraktion mitunterzeichnet. Vgl. Kurt Bauer , Lueger und die Lausbuben. In : Die Presse , 27. April 2012. 1256 Vgl. Wolfgang Speiser , Die sozialistischen Studenten Wiens 1927–1938 (= Materialien zur Geschichte der Arbeiterbewegung , Nr. 40 ), Wien 1986 , 57 f. De facto gab es , wie Hartmann eigens hervorhebt , kei- nen Arier-Paragraph im CV , es wurden , wie er meint , ab 1918 „lediglich“ Studenten „deutsch-arischer“ Abstammung „bevorzugt“ aufgenommen. Siehe : Gerhard Hartmann , Der CV in Österreich. Seine Ent- stehung  – seine Geschichte  – seine Bedeutung (= Schriftenreihe der Bildungsakademie des ÖCV , Bd. 4 ), 4. überarb. Aufl., Kevelaer 2011 , 123 f. 1257 Vgl. Gerhard Wagner , Von der Hochschülerschaft Österreichs zur Österreichischen Hochschülerschaft. Kontinuitäten und Brüche , Dipl.-Arb., Univ. Wien 2010 , 80.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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