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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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4. „The democratic way of life in Austria“ 298 Im Juli 1945 resümierte ein Bericht des Office for Strategic Services ( OSS ) die Situation an den Österreichischen Universitäten. Darin zeigte man sich erstaunt , dass deren Autonomie in der russischen Besatzungszone bereits wieder hergestellt wäre und selbst der sowjetische Geheimdienst ( GPU ) keinen Einfluss auf die Hochschulen nehmen würde.1277 Und das ob- wohl , wie es in dem genannten Bericht hieß , so gut wie alle Ordinarien und Dekane der Uni- versität Wien von bürgerlich-konservativen bis reaktionären Professoren gestellt würden.1278 Darüber hinaus würde die „Entnazifizierung“ der Studierenden , so der OSS-Bericht , durch die Studentenorganisation selbst und für gewöhnlich so erfolgen , dass ( frühere ) Nationalso- zialisten , sofern sie zuvor nicht besonders aufgefallen beziehungsweise hervorgetreten wären , zum Studium zugelassen würden.1279 Tatsächlich stellt die Entnazifizierung des Universitäts- und Hochschulbereiches eine Art Sonderkapitel im Gesamtrahmen der Entnazifizierung dar. Obwohl es hier neben der Überprüfung des Lehrpersonals auch um die gerade im Hinblick auf die demokratische Reorientierung zentrale Kontrolle des Zuganges zum Universitätsstu- dium ging , galten für die Entnazifizierung des Hochschulwesens in Österreich bis Ende 1945 keine gesonderten Richtlinien.1280 Hinzu kommt , dass das Verbotsgesetz der Provisorischen Staatsregierung Renner und die nachfolgend erlassenen Durchführungsverordnungen Aus- nahmebestimmungen vorsahen ,1281 wonach zur Vermeidung unnötiger Härten die Möglich- keit einer „ausnahmsweisen Nachsicht bei der Registrierung“1282 gegeben werden sollte. In 1277 NARA II , RG 319 [ Entry 85 ] , Box 1329 , [ 270 / II / 30 / 6 ]. Records of the Army Staff. Army Intelligence Document File , ID 0203388 , OSS , Washington D.C., 26. September 1945 , 1. 1278 So z. B. Leopold Arzt ( 1883–1955 ), Vorstand der I. Hautklinik , Dekan der Medizinischen Fakultät , Mitglied des Bundeskulturrates und enger Freund von Engelbert Dollfuß , der ursprünglich entlassen , dann aber von den Nationalsozialisten wieder eingestellt worden war ; weiters Prof. Leopold Schönbauer , Chirurg und Leiter des Allgemeinen Krankenhauses , ein NS-Sympathisant , dessen Cousin , der Jurist Ernst Schönbauer , laut OSS-Bericht als begeisterter Nazi ( „ardent Nazi“ ) einzuschätzen wäre ( NARA II , RG 319 [ Entry 85 ] , Box 1329 , 270 / II / 30 / 6 , Records of the Army Staff. Army Intelligence Docu- ment File , ID 0203388 , OSS , Washington D.C., 26. September 1945 , 1 ); zuletzt Prof. Hans Eppinger , der nach dem „Anschluss“ zunächst von der Fakultät entfernt worden sei , dann aber wieder eingestellt worden sei und darauf folgend medizinische Tests in einem KZ durchgeführt habe. Mit Genehmigung des Bundesministeriums für Unterricht wurde im Juni 1947 von Leopold Arzt ( Rektor des Studienjahres 1936 / 37 ) für die „Sammlung der Porträts der Rektoren der Universität“  – neben dem von Ludwig Ada- movich  – ein Bild hergestellt. Vgl. Universität Wien. Bericht über den Studienbetrieb an der Wiener Universität vom Sommer-Semester 1945 bis zum Sommer-Semester 1947. Erstattet von Prof. Dr. Lud- wig Adamovich , Wien 1947 , 42. 1279 NARA II , RG 319 [ Entry 85 ] , Box 1329 , [ 270 / II / 30 / 6 ]. Records of the Army Staff. Army Intelligence Document File , ID 0203388 , OSS , Washington D.C., 26. September 1945 , 1. 1280 Stiefel , Entnazifizierung in Österreich , a. a. O., 171 f. 1281 So um Beispiel durch die ( 1. ) NS-Registrierungsverordnung vom 11. Juni 1945 ( ausgegeben am 12. Juni 1945 ), die ( 2. ) NS-Registrierungsverordnung vom 30. Juni 1945 ( ausgegeben am 2. Juli 1945 ) sowie die Verbotsgesetznovelle vom 15. August 1945. 1282 „Art VI § 27 : „Ausnahmen von der Behandlung nach den Bestimmungen der Artikel III und IV sind im Einzelfalle zulässig , wenn der Betreffende seine Zugehörigkeit zur NSDAP oder einen ihrer Wehr-
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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