Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Page - 299 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 299 - in Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955

Image of the Page - 299 -

Image of the Page - 299 - in Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955

Text of the Page - 299 -

299 Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung Summe machten , laut einer von Dieter Stiefel vorgenommenen Auswertung , 85 bis 90 Pro- zent aller Registrierten von der Ausnahmeregelung Gebrauch.1283 Allein in Wien brachten 85,5 Prozent aller bei den Meldestellen der Bezirksämter Registrierten ein Nachsichtsgesuch ein  – in den übrigen Bundesländern verhielt es sich ähnlich.1284 Für den Staatsdienst  – und somit auch für alle Universitätsprofessoren  – kamen zu- nächst lediglich die allgemeinen Bestimmungen des Verbotsgesetzes vom 8. Mai 1945 zur Anwendung , das zu weiten Teilen auf einer Selbstregistrierungspflicht beruhte.1285 Entlassen wurden zunächst alle NSDAP-Mitglieder ( inklusive der Parteianwärter ), alle „Illegalen“ ( nach Paragraph 4 / VG ) sowie alle reichsdeutschen Lehrkräfte. Insbesondere die „Liquidierung“ aller reichsdeutschen Universitätsangehörigen1286 und die Entlassung aller sonstigen öffentlich Bediensteten verlief , wie aus den Akten des „Liquidators der Einrich- tungen des Deutschen Reiches in der Republik Österreich“1287 hervorgeht , vergleichswei- se zügig und unkompliziert : Etwa ein Drittel aller Lehrenden wurde auf diese Weise bis Anfang 1946 entlassen ;1288 nicht selten kam es aber zu befristeten Enthebungen , die bis zu verbände ( SS , SA , NSKK , NSFK ) niemals missbraucht hat und aus seinem Verhalten noch vor der Be- freiung Österreichs auf eine positive Einstellung zur unabhängigen Republik Österreich mit Sicherheit geschlossen werden kann.“ Zit. nach : Stiefel , Entnazifizierung in Österreich , a. a. O., 88. [ Hervorhebung der Verfasser ]. Zum Bereich Entnazifizierung im Kontext politischer Parteien siehe allgemein auch : Maria Mesner ( Hrsg. ), Entnazifizierung zwischen politischem Anspruch , Parteienkonkurrenz und Kaltem Krieg. Das Beispiel der SPÖ , Wien  – München 2005 , sowie : Wolfgang Neugebauer / Peter Schwarz , Der Wille zum aufrechten Gang. Offenlegung der Rolle des BSA bei der gesellschaftlichen Reintegration ehemaliger Nationalsozialisten. Hrsg. vom Bund sozialdemokratischer AkademikerInnen , Intellektueller und Künst- lerInnen ( BSA ), Wien 2005 ; Walter Manoschek , „Aus der Asche dieses Krieges wieder auferstanden“. Skizzen zum Umgang der österreichischen Volkspartei mit dem Nationalsozialismus und Antisemitismus nach 1945. In : Werner Bergmann / Rainer Erb / Albert Lichtblau ( Hrsg. ), Schwieriges Erbe. Der Umgang mit Nationalsozialismus und Antisemitismus in Österreich , der DDR und der BRD (= Schriftenreihe des Zentrums für Antisemitismusforschung Berlin , Bd. 3 ), Frankfurt a. Main  – New York 1995 , 49–64. 1283 Stiefel , Entnazifizierung in Österreich , a. a. O., 97. 1284 Vgl. Bernd Vogel , NS-Registrierung in Wien. In : Walter Schuster / Wolfgang Weber ( Hrsg. ), Entnazi- fizierung im regionalen Vergleich , Linz 2004 , 341. 1285 Demnach waren alle ehemaligen Nationalsozialisten gesetzlich verpflichtet , sich bei den Gemeinde- ämtern oder Arbeitsämtern über den sogenannten „Fragebogen“ registrieren zu lassen. Besonderes Au- genmerk legte das Verbotsgesetz dabei auf alle „illegalen“ Nationalsozialisten , d. h. jene Personen , die zwischen dem 1. Juli 1933 und dem 13. März 1938 der NSDAP beigetreten waren. Diese Personen waren fristlos aus dem öffentlichen Dienst zu entlassen , verloren ihr direktes und indirektes Wahlrecht und es wurden ihnen „Sühnepflichten“ in unterschiedlichem Ausmaß auferlegt. 1286 Also alle Universitätsangehörigen , die am 13. März 1938 nicht österreichische Staatsbürger gewesen waren. 1287 Siehe dazu die entsprechenden Erkenntnisse im Bestand 04 BKA , Liquidator , im Österreichischen Staatsarchiv. Der Liquidator war zudem auch für die Entlassung der „Illegalen“ zuständig , was aber bis Frühjahr 1946 nicht alle Dienstellen wussten beziehungsweise beachteten. 1288 Vgl. Christian Fleck , Autochthone Provinzialisierung. Universität und Wissenschaftspolitik nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft in Österreich. In : Österreichische Zeitschrift für Geschichtswis- senschaften , 7. Jg., 1996 , H. 1 , 74 f.
back to the  book Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955"
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration