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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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4. „The democratic way of life in Austria“ 314 er Adamovich die grundsätzliche Ausgangslage mit , wonach zwischen den vier Alliierten Militärkommanden zur Zeit noch keine einheitliche Stellungnahme bezüglich der „Rei- nigung der öffentlichen Dienststellen“, also auch der Hochschulen , vereinbart worden sei. Was die Haltung der amerikanischen Militärstellen betreffe , so stünden diese auf dem Standpunkt , „dass die Universitäten selbst die Säuberung von Nationalsozialisten durch- führen sollten.“1339 Ein keineswegs nebensächliches Detail dieser Besprechung betraf , wenn auch nur im- plizit  – offenkundig hatte Adamovich das im Hinblick auf den Fall Schönbauer zur Spra- che gebracht  – die Frage , inwiefern die Universität hinsichtlich konkreter ‚Säuberungs- maßnahmen‘ tatsächlich autonom wäre , wobei Lott hier dem Rektor beziehungsweise der Universität eindeutig den Rücken stärkte. Mit Bezug auf die kurz zuvor stattgefundene Registrierungsaktion einer US-Dienst- stelle , die im Allgemeinen Krankenhaus Fragebögen hatte verteilen lassen und angeordnet hatte , dass kein Arzt weiter im Dienst bleiben durfte , der NSDAP-Parteimitglied oder Parteianwärter war , erklärte Lott , dass die amerikanische Militärstelle zu dieser Anord- nung nur dann befugt sei , wenn es sich bei diesen Ärzten nicht um Universitätsangehörige handle , da allein seine Dienstelle zu „irgendwelchen Aktionen befugt“1340 wäre. Da die Kliniken des AKH zur Universität gehören und die Vorstände dieser Kliniken wie auch alle Assistenten und Hilfskräfte Angestellte der Universität seien , wäre allein „sein eigenes Amt [ die Education Branch , d. Verf. ] zur Kontrolle befugt“, daher würde Prof. Schönbauer dahingehend verständigt werden , dass er die Frage nach der ( früheren ) „politischen Partei- angehörigkeit“ nicht beantworten muss.1341 Neben dieser an vielen Beispielen dokumentierten , generell neutralistischen und im genannten Anlassfall zurückhaltend-zögerlichen Entnazifizierungspolitik der amerikani- schen Besatzungsmacht sowie der tendenziell auf Eingliederung , das heißt auf Pardonie- rung ausgerichteten , universitären und ministerialen Gremien auf österreichischer Seite , war es im Zusammenhang mit der Entnazifizierung  – insbesondere der österreichischen 1339 UAW , Rektoratsakten , Akademischer Senat , 455–1944 / 45 , Protokoll über die Sitzung des Akade- mischen Senats der Universität Wien , 20. Oktober 1945 , 3. Roman und Hans Pfefferle stießen bei ihrer Recherchen im Universitätsarchiv Wien ebenfalls auf Gesprächsprotokolle zwischen Lott und Adamo- vich und interpretieren diese als „Beleg für die Versuche der Universitätsleitung , auch bei den Alliierten für die Weiterverwendung von belasteten , aber von der Sonderkommission positiv beurteilten Profes- soren zu werben und möglicherweise die endgültige Entscheidung vom Staatsamt dazu durchzuführen“. In Kenntnis der US-Akten sowie der Korrespondenz zwischen Adamovich und den Leitern der U. S. Education Division zeigt sich jedoch , dass auch leitende US-Besatzungsoffiziere im Hinblick auf uni- versitäre ‚Säuberungsmaßnahmen‘ nur wenig an einer aktiven Interventionspolitik interessiert waren und einer stillschweigenden Kooperation mit den akademischen Kollegen den Vorzug gaben. Vgl. Pfef- ferle / Pfefferle , Glimpflich entnazifiziert , a. a. O., 31. 1340 UAW , Rektoratsakten , Akademischer Senat , 455–1944 / 45 , Protokoll über die Sitzung des Akade- mischen Senats der Universität Wien , 20. Oktober 1945 , 3. 1341 Ebd., 4.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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