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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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317 Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung Nach den Briten wurden im November 1945 schließlich auch noch die französische Besat- zungsbehörden bei Adamovich vorstellig und verlangten die Aushändigung einer Übersicht über den Lehrkörper der Universität.1352 Zu direkten Interventionen der Alliierten Mächte kam es aber , wie sich auch in den Protokollen des Alliierten Rates dokumentiert findet , infol- ge mangelnder Einigkeit der Besatzungsmächte beziehungsweise auf Grund des Prärogativs divergierender machtpolitischer Strategien  – wie zu zeigen sein wird  – weder zu diesem Zeit- punkt noch später. Ohne den zitierten Besprechungsprotokollen mehr Relevanz zugestehen zu wollen , als diesen als Einzelbildaufnahmen zusteht , stellen diese aber nicht nur bemer- kenswerte Dokumente aus der Frühphase des informiert-uninformierten Laissez-faire der lokalen US-Reorientierungs-Politik im universitär-wissenschaftlichen Bereich dar , sondern darüber hinaus ein erstes Indiz für eine in der Folge konsequent durchgezogene , nicht-inter- ventionistische Position , die von Anbeginn durch eine respektvoll-kooperative Zusammenar- beit und geradezu freundschaftlich-vertraute Arbeitsatmosphäre auf beiden Seiten verstärkt wurde  – insbesondere im Bereich der Universität , aber auch des Unterrichtsministeriums. Weitaus mehr besorgt als in Bezug auf Entnazifizierungsfragen zeigten sich die Educa- tion-Offiziere hinsichtlich zweier anderer Problembereiche : zum einen , wie die über lange Jahre vom Ausland völlig abgeschnittenen Schulen und höheren Bildungseinrichtungen über gezielten Austausch von Professoren und Studierenden Anschluss an internationale beziehungsweise amerikanische Standards finden könnten ; zum anderen war der Stab der Education Division besorgt über die Art und Weise , wie die amerikanische Besatzungs- macht , in deren Besatzungszone sich keine Universität und Hochschule befand , die „Cul- tural and Spiritual Needs of Austria“ missachten würde. Im Unterschied zu den anderen alliierten Besatzungsmächten , die sich , wie die Franzosen oder Briten , um die Verbreitung nationaler Landeskultur via Bücher und Tageszeitungen bemühten und eigene Verlage aufbauten , oder , wie die Sowjets , hohe Summen für den Wiederaufbau der Wiener Oper flüssig machten , eigene Druckereien einrichteten und darüber hinaus auch Hochschulleh- rer an die Moskauer Universität einladen würden , hätten sich die USA bis dato primär auf den administrativen und materiellen Wiederaufbau in Österreich konzentriert. Trotz der Einrichtung eines ersten US-Informationcenters mit eigenem Leseraum in der Wiener Kärntnerstraße sowie einigen bereits erfolgten größeren Buch- und Zeitschriftenlieferun- gen amerikanischer Literatur kritisierten die Reeducation-Offiziere , dass die USA ge- genüber den anderen Besatzungsmächten langsam ins Hintertreffen geraten würden , und empfahlen sowohl dem „Political Advisor“ als auch den Abteilungen der Information Ser- vice Branch ( ISB )  –, alles Erdenkliche zu unternehmen , um amerikanische Kultur in Ös- terreich zu befördern , zumal dies auch von österreichischer Seite durchaus erwünscht sei : “It may well be that our nation is not as much interested in the future of Austria as are the Euro- pean powers of occupation. It may well be that our nation has nothing to ‘sell’ of its democracy 1352 Ebd., 33.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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