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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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4. „The democratic way of life in Austria“ 328 In einem Schreiben an Bundeskanzler Figl vom 19. März 1946 legte dann Brigadegeneral Paul D. R. Cherrière , Oberkommandierender der französischen Streitkräfte in Österreich , als Vorsitzender des Exekutivkomitees die schwelenden Vorbehalte gegenüber der öster- reichischen Entnazifizierungspolitik auf den Tisch. Anlässlich des letzten Berichtes des inter-ministeriellen Entnazifizierungskomitees sei der Alliierte Rat zu Auffassung gelangt , dass der Fortschritt in der Entnazifizierung unbefriedigend sei und auch die von der Bun- desregierung bisher erzielten Ergebnisse in dieser „wichtigen Angelegenheit [ … ] inade- quat“ sind. Die Entnazifizierung , so Cherrière weiter , schreite nur „sehr langsam“ voran : „To this date a considerable number of former NSDAP members are still employed in the majority of the Federal , Provincial and Economic offices of the Austrian State ( Ministry of Transport , of Trade , Reconstruction , Social Administration , Legal Courts , etc. )“1403  – die Situation an den Universitäten wurde an dieser Stelle nicht explizit miteinbezogen. Darüber hinaus ließ Cherrière Bundeskanzler Figl wissen , dass der Alliierte Rat die bisherige Art der Berichterstattung des ministeriellen Entnazifizierungskomitees nicht weiter zu akzeptieren bereit ist , da die Berichte kein klares und umfassendes Bild geben und vor allem die dabei angeführten Statistiken einen völlig irreführenden Eindruck ver- mittelten.1404 Zuletzt wurde moniert , dass es der Alliierte Rat für inakzeptabel halte , dass vom Dienst suspendierte Personen weiterhin ihre Pension beziehen würden.1405 Soweit die Kritik des Alliierten Rates , die es an Deutlichkeit nicht fehlen ließ. Vor dem Hintergrund zunehmender alliierter Verstimmung hinsichtlich der verschleppenden österreichischen ‚Säuberungspraxis‘ kam schließlich , beginnend mit dem neuen Erlass zur Durchführungsverordnung zum Verbotsgesetz vom 22. Jänner 1946 , doch ein wenig Bewe- gung in die Tätigkeit der bisher kaum aktiven Sonderkommissionen.1406 Auf Landesebene waren für die Personalsäuberungen im Schulwesen „Sonderkommis- sionen I. Instanz“ bei den Landeschulräten eingerichtet worden  – zunächst nur für Wien und Niederösterreich , dann auch für die restlichen Bundesländer  –, deren Entscheidungen aber den alliierten Militärbehörden zur Begutachtung vorgelegt werden mussten. Die Tätigkeit dieser Sonderkommissionen I. Instanz sah das Unterrichtsministerium , nicht zuletzt wohl auch angesichts der verstärkten alliierten Kontrolle der Entnazifizie- 1403 ÖNB , ALCO , Reel 1 of 23 , May 1945–Feb. 1946 , SECA / 175 , Le General de Brigade Cherrière , Chair- man of the Executive Committee , Allied Commission for Austria to Federal Chancellor of State , Figl , 19. März 1946 , 1. 1404 Ebd. 1405 Künftig , so Cherrière abschließend , erwarte sich der Alliierte Rat vom Ministerkomitee an jedem ersten und 14. des Monats einen umfassenden Bericht über den Fortschritt in der Entnazifizierung , der u. a. auch die Länder einschließen solle. Ebd. 1406 So datieren beispielsweise die ersten Verfahren der Sonderkommission im Bundeskanzleramt  – bis Fe- bruar 1947 , als die Arbeit der Sonderkommissionen qua „Minderbelastetengesetz“ eingestellt wurde , waren es in Summe nicht mehr als 499 Fälle  – auf den 10. Dezember 1945. ÖSTA / AdR , Bestand 04 , BKA , Sonderkommission 1945–46 , Index für die Akten der Sonderkommission im BKA , 1945–1947.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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