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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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4. „The democratic way of life in Austria“ 344 Tatsächlich hatte Alfons Dopsch , wie Johannes Feichtinger und Dieter J. Hecht nach- gezeichnet haben , in der Akademie-Sitzung am 22. Juni 1945 „Vorschläge für den Neuauf- bau“ gemacht , deren zentraler Kern darin bestand , alle ehemaligen NSDAP-Mitglieder „automatisch von der Ehrenstellung eines Akademie[ mit ]gl[ ieds ]“ auszuschließen , „auch wenn sie an der Universität belassen werden sollten.“1464 Dieser Vorschlag , demzufol- ge mehr als die Hälfte aller wissenschaftlichen und Dreiviertel aller korrespondierenden Akademie-Mitglieder hätte austreten müssen , scheiterte allerdings an Richard Meister , der als Vizepräsident der Akademie diesen Vorschlag einer „generellen Lösung“ offensicht- lich geschickt zu Fall brachte.1465 Alle Akademiemitgliedschaften ehemaliger NSDAP- Mitglieder wurden nun  – Einzelfall für Einzelfall  – zunächst ruhend gestellt , jedoch : „Im Jahr 1949 scheinen aber beinahe sämtliche vormalige NSDAP-Mitglieder , die ab 1945 an den Universitäten ( zumindest vorübergehend ) ihre Stellen aufgeben mussten , wieder im Mitgliederverzeichnis der ÖAW auf.“1466 Dass man die ganze Angelegenheit der Entnazifizierung generell eher als lästige Hür- de auf dem Weg zur Normalisierung des universitären Betriebes ansah , denn als Chance und Vorbedingung für einen profunden demokratischen Neubeginn im Wissenschafts- und Hochschulbereich , zeigt sich auch unterschwellig in retrospektiven Bemerkungen von Rektor Adamovich , in denen sich jene Ambivalenz klar widerspiegelt : „Vom staatspolitischen Standpunkte bedeutete es eine Selbstverständlichkeit , dass Lehrkräfte nicht mehr weiter an der Hochschule wirken durften , die im Hinblick auf ihr früher gezeigtes Verhalten für das wiedererstandene Österreich als politisch untragbar galten. Der Hochschul- betrieb aber musste durch die sich unvermeidlich ergebenden Vakanzen bedrohlich gefährdet werden , da für manche Lehrkanzeln nicht einmal im Wege einer aushilfsweisen Supplierung vorgesorgt werden konnte.“1467 Etwas deutlichere Worte fand Adamovich dann im Vorfeld des neuen Verbotsgesetzes ( „Minderbelastetengesetz“ ) im Februar 1947 , als er meinte , „dass diese unangenehme Auf- gabe leider [ sic ] durchgeführt werden müsse“.1468 1464 Johannes Feichtinger / Dieter J. Hecht , Die Entnazifizierung an der Akademie der Wissenschaften. In : Feichtinger / Matis / Sienell / Uhl ( Hrsg. ), Die Akdemie der Wissenschaften 1938 bis 1945 , a. a. O., 171. 1465 Ebd., 173. Meister vertrat die beschwichtigende und durch nichts zu begründende Ansicht , dass die Akademie in den Jahren 1938–1945 „nur verschwindend wenige , unbedeutende und ihr auferlegte Kon- zessionen gemacht“ hätte. 1466 Ebd., 174. So u. a. auch Otto Brunner , Josef Nadler , Ernst Schönbauer , Hans Sedlmayr , Heinrich Srbik oder Fritz Knoll. Siehe : ebd., 183. 1467 Universität Wien. Bericht über den Studienbetrieb an der Wiener Universität vom Sommer-Semester 1945 bis zum Sommer-Semester 1947. Erstattet von Ludwig Adamovich , Wien 1947 , 75 ( Anlage I ). 1468 Vgl. UAW , Senats-Sitzungs-Protokoll , 7. Sitzung , Akademischer Senat der Universität Wien , GZ. 1–1946 / 47 , 12. Dezember 1946 , 3.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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