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4. „The democratic way of life in Austria“
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bekam , den zuvor Eduard Castle1523 bis 1949 innegehabt hatte.1524 Nach Erkenntnis der
Sonderkommission I. Instanz beim Staatsamt für Volksaufklärung im November 1945 unter
Vorsitzführung von Skrbensky wurde zunächst die Gewähr dafür ausgesprochen , dass Kin-
dermann „jederzeit rückhaltlos“ für die Unabhängigkeit Österreichs eintreten werde. Nach
Berufung durch das Staatsamt für Unterricht wurde dieses Erkenntnis jedoch wieder aufge-
hoben ;1525 aber trotz eines weiteren vernichtenden Gutachtens von Oskar Benda vom 1. Juli
1953 , worin er Kindermann hinsichtlich der „inneren Geschichte des Nationalsozialismus
eine bedeutende Rolle“1526 attestierte und ihn als „einen der prominentesten Mitschöpfer der
nationalsozialistischen Ideologie“ ( im Range eines Alfred Rosenberg oder Ernst Krieck )1527
1523 Der Germanist und Volkshochschulvortragende Eduard Castle ( 1875–1959 ) wurde 1934 ordentlicher
Universitätsprofessor in Wien. 1938 verlor der als „liberal-marxistisch“ eingeschätzte Gelehrte seine
Professur. Nach 1945 wurde Castle wieder berufen und
– aufgrund des allgemeinen Lehrermangels
– u. a.
auch mit der ( Nach- )Prüfung bereits promovierter Kandidaten für das Lehramt betraut : Der Profes-
sor , der das Niveau nicht allzutief sinken lassen wollte , wurde von Prüflingen angeschwärzt , bei den
Prüfungen autoritär , unfair und auch „rassistisch“ gegen ehemalige Opfer des NS-Regimes vorzugehen.
Castle erwiderte „als Mischling ersten Grades“, der wegen seiner antinationalsozialistischen Einstellung
in Gefahr der Abschiebung in ein Konzentrationslager gestanden sei , mit Bezug auf die Verleumdungen
der Kandidaten und deren fachliches Niveau , dass die „Eigenschaft , ‚geschädigt‘ zu sein [ … ] keinen
Freibrief gewähren [ kann ] , dass wir völlig unwissende Lehramtskandidaten auf unsere Schuljugend los-
lassen und unser bereits tiefgeschädigtes Unterrichtswesen immer weiter herunterbringen.“ UAW , Rek-
toratsakten , Akademischer Senat , Zl. 209–1945 / 46 , 29. Jänner 1946.
1524 Entgegen seiner Selbstdarstellung als quasi-Opfer des NS-Regimes – 1938 war Castle zwangspensio-
niert worden und sei eigenen Angaben zufolge „unter Gestapo-Aufsicht“ gestanden
– finden sich jedoch ,
wie rezente Forschungen belegen , auch bei Castle , der zuvor gewisse Affinitäten gegenüber dem „stän-
destaatlichen“ Regime an den Tag gelegt hatte , ansatzweise „Annäherungsversuche“ an das NS-Regime.
Klaus Illmayer , Ein folgenloser Wechsel. Die Ablösung Heinz Kindermanns durch Eduard Castle. In :
Peter / Payr ( Hrsg. ), „Wissenschaft nach der Mode“, a. a. O., 153 f. Tatsächlich erfur Castle aber , wie
Ranzmaier darlegt , keine Unterstützung seitens des NS-Dozentenbundes. Siehe : Ranzmaier , Germani-
stik – Konitnuitätsstiftende Ansätze der Wissenschaft , a. a. O., 435 f.
1525 Veronika Zangl , „Ich empfinde diese Maßnahme persönlich als ungerecht.“ Heinz Kindermanns Entla-
stungsstrategien 1945–1954. In : Peter / Payr ( Hrsg. ), „Wissenschaft nach der Mode“, a. a. O., 173.
1526 Oskar Benda : Gutachten zu Dr. Heinz Kindermann. Literarische Tätigkeit 1933–1945 , Wien 1. 7. 1953 ,
ÖSTA , AdR , PA Kindermann , fol. 218–232. Zit. nach : Illmayer , Ein folgenloser Wechsel. Die Ablösung
Heinz Kindermanns durch Eduard Castle , a. a. O., 164.
1527 In seinem Negativ-Gutachten zu Kindermann , das sich in einem Kurzauszug im Bestand „Karl R.
Stadler“ im Österreichischen Volkshochschularchiv ( ÖVA ) findet , verwies Benda darauf , dass Kinder-
mann sich „immer wieder seiner emsigen illegalen Tätigkeit in der sogenannten ‚Verbotszeit‘ “ rühmte ,
und strich hervor , dass dieser mit seinem 1937 erschienenen Buch „Dichtung und Volkheit. Grundzüge
einer neuen Literaturwissenschaft“ „Herrn Goebbels die Richtlinien für eine nationalsozialistische Kul-
turpolitik geliefert hat.“ Siehe : ÖVA , B-Stadler , Karl R., Korrespondenz , 1950–1953. Nachdem Kin-
dermann 1952 an der University of Birmingham einen Vortrag gehalten hatte , bemühte sich der nach
wie vor in der englischen Emigration verweilende Karl R. Stadler , der als Lecturer in Derby lehrte und
von der bevorstehenden Rehabilitierung Kindermanns von einem befreundeten Universitätsdozenten in
Wien in Kenntnis gesetzt worden war , darum , bei britischen Institutionen bzw. Kollegen die Distan-
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741