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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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4. „The democratic way of life in Austria“ 362 vordemokratischen , restaurativen Werthaltungen orientierte , alles liberale oder gar sozia- listische Gedankengut strikt ablehnende , korporative Traditionalismus an den österreichi- schen Hochschulen mit seinen reetablierten Seilschaften und Gesinnungsgemeinschaften eine  – so ein zeitgenössischer Kommentar  – akademische ‚Spinnwebenatmosphäre‘ , deren Qualität sich insbesondere der „weltanschaulich wohl geschlossenste[ n ] akademischen[ n ] Lehrerschaft westlich des Eisernen Vorhanges , Spanien und Portugal ausgeschlossen“1541 verdankte. Angesichts der wiederholt publik gewordenen und auch öffentlich kritisierten Vorgän- ge im Zusammenhang mit der Entnazifizierung der Universitäten fand ausgerechnet der selbst schwer belastete SPÖ-Nationalratsabgeordnete und spätere Justizminister Otto preisträger Erwin Schrödinger , mit dem er über seinen Schwiegersohn in Dublin bekannt war , für eine Berufung  – die auch zustande kam  – damit , dass dieser „Österreicher und Arier [ sic ] und weltbekannte Autorität“ ist und „ein enormer Gewinn für die Wiener Universität“ sei. UAW , Dekanatsakt Phil. Fa- kultät , GZ 238–1945 / 46 , Der Bundespräsident an Rektor Adamovich , 30. Jänner 1946 , 1. Schrödinger hatte zuvor Renner gegenüber klargestellt , dass er gerne zurückkäme , ihm aber sowohl hinsichtlich der rechtswidrigen Entlassung von der Universität Graz 1938 sowie von Berlin „gewisse Kompensations- rechte , zum mindesten Pensionsrechte“ zustehen als auch Unterstützung bei der „Zurstelleschaffung von Mobiliar und Hausrat“. UAW , Dekanatsakt Phil. Fakultät , GZ 238–1945 / 46 , Erwin Schrödinger , Du- blin , an Dr. Renner , 6. Jänner 1946 , 1. Erwin Schrödingers Ansinnen wurde sowohl vom Rektor als auch vom Dekan begrüßt und als Ehre aufgefasst. Inwieweit hier , und auch im Hinblick auf die persönliche Unterstützung , die Renner Schrödinger zuteil kommen ließ , der Umstand eine Rolle spielte , dass Schrö- dinger sich in einem Artikel in der Grazer Tagespost vom 31. März 1938 ( Unter dem Titel : „Bekennt- nis zum Führer  – Ein hervorragender Wissenschafter meldet sich zu Wort“ ) „inmitten der jubelnden Freude“ selbst voll und ganz auf die Seite des „Anschlusses“ gestellt hatte und in „treuer Mitarbeit und Gehorsam dem Willen des Führers“ gegenüber in einer öffentlichen Erklärung die ‚selbstverständliche Meinung eines alten Österreichers‘ , vertrat , dass angesichts der bevorstehen Wahl „jedes Nein in der Wahlurne dem völkischen Selbstmord gleichkäme“, mag dahin gestellt bleiben. UAW , Dekanatsakt Phil. Fakultät , GZ 238–1945 / 46 , Abschrift aus der Tagespost ( Graz ) vom Donnerstag , den 31. März 1938 , Erklärung des Universitätsprofessors Dr. E. Schroedinger. Zur jüngsten Debatte darüber , inwieweit sich Schrödinger von diesem öffentlichen „Bekenntnis“ nach 1945 distanziert bzw. „entschuldigt“ hätte , siehe den Leserbrief von Univ.-Prof. a. D. Dr. Peter Cerwenka bezugnehmend auf einen Standard-Artikel des Physikers Anton Zeilingers , in : Der Standard , 15. / 16. Jänner 2011 , 30 sowie Ders., in : Der Standard , 21. Jänner 2011 , 31. Dass Schrödingers politische Haltung eher verquer bzw. störrisch-naiv gewesen sein muss , geht u. a. aus Aussagen von Zeitzeugen hervor. Unmittelbar nachdem Schrödinger gemeinsam mit seiner Frau nach England emigriert war , befand er sich als Gast im Haus von Franz Simon in Oxford. Bei dieser Gelegenheit sprach Simon Schrödinger auf seine ominöses öffentlichen Bekenntnis an , da dieses in England durchaus für Irritationen gesorgt hatte. Dabei soll Schrödinger geantwortet haben : „What I have written , I have written. Nobody forced me to do anything. This is supposed to be a land of freedom and what I do is nobody’s concern.“ Zit. nach : Walter John Moore , Schrödinger. Life and thought , Cambridge 2001 [ 1989 ] , 345. 1541 Günther Steinbach , Unterrichtswesen zwischen Restauration und Demokratie. In : Jaques Hannak ( Hrsg. ), Bestandsaufnahme Österreich , 1945–1963 , Wien  – Hannover  – Bern 1963 , 305 bzw. 292. Zit. nach : Stumpf , Ernst Fischer als Staatssekretär für „Volksaufklärung , Unterricht und Erziehung und Kul- tusangelegenheiten“, Bd. 2 , a. a. O., 200 f.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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