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Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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4. „The democratic way of life in Austria“ 396 hinaus wirkte Kelsen innerhalb der „War Crimes Commission“ auch an der juristischen Vorbereitung der Nürnberger Prozesse mit.1686 Tatsächlich hatte Kelsen , neben frühen völkerrechtlichen Überlegungen einer zu- künftigen , internatio nalen Friedensicherung ,1687 Anfang Mai 1944 im Zusammenhang einer staats rechtlichen Rekonstruktion Österreichs mit Experten der European Affairs Division im US-State Department über diesen Problemkomplex ( „Future of Austria“ )1688 disku tiert1689 und kurz darauf auch ein Memorandum über Öster reichs Rechtsstellung und Wiederrichtung als unabhängiger Staat verfasst.1690 Ob und inwiefern diese juristischen Reflexionen Kelsens , die sich im Wesentlichen an der Moskauer Deklaration orientierten und diese positiv unter mauerten , aller dings tat- sächlich Einfluss auf die konkrete US-Nach kriegs planung hatten , scheint schon allein we- gen der tatsächlich erfolgten Wiederanknüpfung an die Bundes verfassung von 1929 mehr als unwahrscheinlich.1691 Auch Kelsens Vorschläge , die er im Oktober 1945 im Vorfeld der Ausarbeitung einer Charta für die Vereinigten Nationen an das State Department über- mittelt hatte , fanden bei den zuständigen Stellen kein Interesse.1692 1686 Métall , Hans Kelsen , a. a. O., 80 f. ; vgl. auch Eppel , Die Vereinigten Staaten , a. a. O., 993. 1687 Dabei kritisierte Kelsen das völlige Versagen des Völkerbunds als Friedensicherungs instru ment , insbe- sondere auch im Hinblick auf Österreich : „Nothing can demonstrate this more clearly than the fact that the violation of the territorial integrity of member states , when it came from outside and led actually to the complete annihilation of these states , as in the case of Austria , Czechoslovakia , and Poland , in open opposition to the provisions of Articles 10 and 11 , did not even reach the stage of discussion in the League [ … ]“. Hans Kelsen , International Peace  – By Court Or By Government ? In : The American Journal of Sociology , Vol. XLVI , Jan. 1941 , No. 4 , 580. 1688 Ein nicht uninteressantes Detail ist , dass das Gesprächsprotokoll der Unterredung mit Kelsen unter dem Titel abgelegt wurde ( „The Future of Austria“ ), unter dem das geheime Memo randum des britischen Fo- reign Office vom 12 Juli 1943 verfasst wurde. In einem US-Evaluations bericht darüber heißt es u. a. : „The British take it for granted that the movement toward ‚Anschluss‘ was so deep-seated in Austrian political thinking that it becomes the major problem in determining the means of safe guarding Austrian inde- pendence , if re-established.“ Department of State , Division of European Affairs , Memorandum : Evalu- ation of the British Foreign Office secret paper „The Future of Austria“, 1. DÖW 10 :010 [ 21. 011 / 14 ]. 1689 In diesem Gespräch plädierte Kelsen  – anders als im Fall Deutschlands  – für die umgehende Wieder- her stellung eines unabhängigen Österreichs , wobei er , obwohl Ko-Autor der Verfassung von 1919 , vor- schlug , diese aufgrund ihrer betont föderalen Struktur und der daran geknüpften Probleme nicht wieder einzusetzen : „Federalism was expensive and seems unnecessary for a future Austrian state.“ Hans Kelsen , Memorandum „Future of Austria“, 5. Mai 1944 , 3. DÖW 21. 011 / 14. Teilnehmer an diesem Gespräch waren : Philip E. Mosely , David Harris , Harry N. Howard und Howard M. Smyth. 1690 Kelsen bewegte sich darin ganz auf Linie der Moskauer Deklaration. Memorandum Hans Kelsen , De- partment of Political Science , University of California , 1. Juni 1944. DÖW Bibliothek 3017 / 14. Zit. nach Österreichischer im Exil. USA 1938–1945 , a. a. O., 236. Das Dokument ließ sich unter der angege- benen Signatur im DÖW allerdings nicht auffinden. 1691 Vgl. dazu auch Eppel , Die Vereinigten Staaten , a. a. O., 993. 1692 In einem elaborierten Memorandum hatte Kelsen die Einrichtung eines „United Nations Institute of Inter- national Studies“ proponiert ; und auch für die Ausarbeitung einer UNO-Charta wurde er nicht beigezogen , da man auf „legalistic technicalities“ keinen großen Wert legte. Zit. nach : Métall , Hans Kelsen , a. a. O., 80.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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