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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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397 Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung Kurioserweise stand Hans Kelsen ab Ende 1944 wiederholt im „Visier des FBI“.1693 1953 wurde Kelsen im Zuge der von Senator Joseph McCarthy ab 1950 geleiteten Gesin- nungs-Überprüfungen schließlich im Rahmen des „loyalty program for all federals em- ployees“ einer „full field investigation“ des FBI unter zogen :1694 gegenüber dem „House Un-American Activties Committee ( HUAC )“ hatten die aufgeforderten Personen einen antikommunistischen Loyalitätseid zu leisten und nachzuweisen , „dass sie nicht Mitglie- der der Kommunistischen Partei waren.“1695 Obwohl Kelsen von einem  – anonymisier- ten  – Freund an der University California / Berkeley attestiert wurde , „one of the strongest and best informed opponents of Communism“1696 zu sein , zog sich die Untersuchung in die Länge , da das FBI Kelsen eines Naheverhältnisses zu sozialistischen Ideen , somit einer potenziell subversiven , gefährlichen Gesinnung ver dächtigte.1697 Wie Rathkolb re- sümiert , konnte die Reputation Kelsens , der längst als „höchst renommierter Rechtsge- lehrter von internationalem Rang“ galt , selbst durch „Fang fragen [ … ] subalterner FBI- Agenten bezüglicher seiner Stellung zu Kommunis mus und Sozialismus nicht erschüttert werden“.1698 Obwohl Kelsen nun nach Kriegsende umgehend den Kontakt zu Freunden und Kolle- gen in Europa aufnahm , unter anderem auch nach Wien ,1699 stand für ihn , wohl nicht zu- letzt auf Grund seiner erfolgreichen akademischen Karriere in den USA , eine tatsächliche Rückkehr nach Österreich nicht zur Debatte  – wohl aber die Option auf eine universitäre Lehrtätigkeit. Anders als im Fall Winter war es die alte Heimat , die an ihn herantrat. Im Herbst 1946 sandte der Bürgermeister von Wien , Theodor Körner , Glückwünsche zu Kelsens 65. Ge- 1693 Vgl. Oliver Rathkolb , Hans Kelsen und das FBI während des McCarthysmus in den USA. In : Wal- ter / Ogris / Olechowski ( Hrsg. ), Hans Kelsen : Leben  – Werk  – Wirksamkeit , a. a. O., 339 ff. Verdächtigt wurde Kelsen zunächst aufgrund eines Kontaktes zu Charles Gulick und Brief kontakten zu den als kom- munistisch beziehungsweise linksintellektuell eingeschätzten Wissen schaftern William Marias Malisoff und Emile Grünberg. 1948 zogen schließlich Kelsens Unter stützung eines politischen Kandidaten der „Independent Progressive Party“ in San Franscisco , der die Kandiatur von Henry A. Wallace unterstützte und gegen den Kalten Krieg votierte , seine Unter stützung des entlassenen Kollegen Harold Winkler in Berkeley , der sich geweigert hatte , einen verschärften Loyalitätseid zu leisten , sowie einzelne seiner Aussagen , z. B. dass er beispielsweise öffentlich seine Bewunderung Personen gegenüber ausgesprochen hatte , die sich aus ihnen wichtigen Grundüberzeugungen entschlossen hatten , ihre berufliche Position aufzu geben , die Aufmerksamkeit des FBI auf sich. Ebd., 343 bzw. 346. 1694 Zur Zusammenarbeit amerikanischer Universitäten und dem FBI u. a. zu Beginn des Kalten Krieges si- ehe : Sigmund Diamond , Compromised Campus. The Collaboration of Universities with the Intelligence Community , 1945–1955 , New York  – Oxford 1992. 1695 Rathkolb , Hans Kelsen und das FBI während des McCarthysmus , a. a. O., 342. 1696 Ebd., 344. 1697 Ebd., 347. 1698 Ebd., 348. 1699 So z. B. zu seinem früheren Schüler und Kollegen Alfred Verdross-Droßberg. Vgl. Métall , Hans Kelsen , a. a. O., 81.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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