Page - 422 - in Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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4. „The democratic way of life in Austria“
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als auch vom Unterrichtsministerium sehr wohl und zwar innerhalb kürzester Zeit ent-
sprochen wurde , zeigt unter anderem der Fall des 41-jährigen Historikers Arthur J. May ,
der sein Sabbatical in Europa verbringen wollte und den Williams ebenso erfolgreich für
eine Gastprofessur vorschlug wie den Spezialisten für Amerikanische Literatur und für
Österreichisch-Amerikanische Geistes
beziehungen , Howard Jantz.1811 Dieses Ansuchen
wurde sogleich vom stell ver tretenden Leiter der Information Services Branch ( ISB ) in Ös-
terreich , Albert van Eerden , sofort unterstützt. Jantz , dessen Antrag auf Gastprofessur das
Unterrichts mini sterium bereits einen Monat nach Antragstellung , nämlich am 20. April
1948 , genehmigt hatte , war es wegen seiner Vortragsverpflichtung an der Northwestern
University dann doch nicht möglich , nach Wien zu kommen ,1812 doch nach Bereit
stellung
einer Unterkunft konnte Arthur May bereits am 24. Mai 1948 seinen ersten Vortrag im
Audi Max der Universität Wien halten.1813
In seiner persönlichen Dankesrede für die Verleihung der Ehrenmitgliedschaft , der
er die Grüße des US-Hochkommissars General Keyes voranstellte und deren blumiger
Wortlaut einen gläubigen Humanisten zum Vorschein bringt , brachte Samuel H. Williams
Zivilisationskritik am vorherrschenden technokratischen Materialismus an , durch dessen
Konkurrenzkampf und Genußstreben „die Menschheit die Schönheiten der Liebe , der
Freundschaft , ja sogar die des sonnenerhellten Himmels vergisst“ und „die Linie zwischen
Freiheit und Konzession vernichtet“.1814 Mit Bezug auf Österreich merkte Williams an :
„Gott sei Dank behauptet sich aber noch in Ihrem und auch in meinem Lande mehr als die
blossen Spuren von diesen traditionellen Begriffen , auf welchen die Hoffnungen der Mensch-
heit in ihrem kulturellen Fortschritt beruht.
1811 UAW , Dekanatsakten , Phil. Fakultät , 3734–1958 / 59 , USACA , Education Division APO 777 , U. S.
Army , Samuel H. Williams an Professor Dr. Duda , 16. März 1948 , 1. Handschriftlicher Zusatz von
Dekan Duda : „Dr. Williams USA Ed. Div. legt bes. Wert auf Einladung des A. J. May , Unterlagen über
ihn werden geliefert. D.“
1812 UAW , Dekanatsakten , Phil. Fakultät , 3734–1958 / 59 , Zl. 253524 / III–8 / 48 , Bundesministerium für Un-
terricht , Skrbensky an das Dekanat der Philosophischen Fakultät der Universität Wien , 20. April 1948 , 1.
1813 Den Vortrag zum Thema „Der amerikanische Geist im kulturellen Leben“ hielt May in deutscher Spra-
che. UAW , Dekanatsakten , Phil. Fakultät , 3734–1958 / 59 , USACA , Education Division APO 777 , U. S.
Army , USFA Information Services Branch , Albert van Eerden , Deputy Chief , an Dekan der Universität
Wien , 5. April 1948 , 1. Ein kleines Detail am Rande : für den Sohn des U. S. Gesandten für Österreich ,
John G. Erhardt , der soeben sein Studium an der University of Vermont abgeschlossen hatte und der in
Wien Politikwissenschaften zu studieren beabsichtigte , wurde von der Education Division sogleich der
Dekan der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien bemüht , der auch umgehend das
Verzeichnis der staatswissenschaftlichen Vor lesungen sowie Inskriptions modalitäten kommunizierte. Vgl.
dazu : UAW , Dekanatsakten , Phil. Fakultät , 2909–1947 / 48 , D.Zl. 2909 aus 1947 / 48 , Richard Meister an
Samuel H. Williams , 24. Juli 1948 , 1.
1814 UAW , Dekanatsakten , Phil. Fakultät , 1115–1947 / 48 , Rede von Professor Dr. Samuel H. Williams an-
lässlich der Ernennung zum Ehrenmitglied der Wiener Universität am 24. Februar 1949 , 2.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741