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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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437 Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung gehabt zu haben , da das , wie Richard Meister meinte , mit dem Verlust von Semestern ein- hergehen und außerdem als oktroyierter „Gesinnungsunterricht“1875 aufge nommen würde. Dass die politische ‚Säuberung‘ an den Universitäten ins besondere in den Bundeslän- dern trotz allem überaus unbe friedi gend verlief , zeigte sich unter anderem auch daran , dass sich Bundes kanzler Figl genötigt sah , den zuständigen Institutionen und Behörden in aller Öffen tlich keit zu drohen , hier gegebenenfalls rücksichtslos durch zugreifen : „Ich verwarne alle zuständigen Institutionen und Behörden zum letzten Mal , hier rück sichtslos durchzugreifen , sonst werde ich mich , wenn es sein muß , nicht scheuen , einzelne Hochschulen schließen zu lassen“.1876 In dieser durchaus nicht wenig prekären ‚Zwickmühlsituation‘ gegenüber den alliierten Besatzungs mächten , den akademischen Behörden und der ( politischen ) Öffentlich keit bemühte sich Bundeskanzler Figl mit einigem rhetorischem Kraftaufwand  – in aus- drücklicher Anlehnung an den „Geist der Lagerstraße“  – um einen Schulterschluss der „Studenten , Akademiker , Arbeiter und Bauern“, indem er diese zu einem „gemein samen Gelöbnis“, „nicht von Parteien , sondern von Menschen , die neben einander und mitein- ander leben und leben wollen“1877 beschwor. Anlässlich einer Kundgebung der Österrei- chischen Hoch schülerschaft im Auditorium Maximum der Universität Wien strich Figl dabei  – en passant auf die erkämpften Freiheiten durch die Französische Revolution und die 1848er-Barrikaden-Kämpfer à la Hans Kudlich Bezug nehmend  – interessanterweise die „Tätigkeit unserer Hochschüler in der Widerstandsbewegung und in den ersten Tagen nach der Befreiung Österreichs durch die alliierten Mächte“ hervor. Als „Akademiker zu Akademikern“ sprechend mahnte er  – als ob die zukünftige demo kratische „Freiheit“ der Universitäten allein vom goodwill und Ethos aller ( somit auch der Ehemaligen ) abhängen würde  – überaus vage und in völliger Aus klam merung der realen Probleme im Hinblick auf die Säuberung der Universitäten : „Dieser große revolutionäre Geist , der aus der Er- kenntnis und dem Bekenntnis zur Zukunft entspringt , und der gleichzeitig die stolzeste Tradition aller Hochschulen bedeutet , muß erhalten bleiben.“1878 Im Hinblick auf das Wie ver mied Figl an dieser Stelle allerdings jedes klare Wort und zeigte sich seltsam beruhigt darüber , dass ohne dies bereits die „alte akademische Demokratie in Österreich [ … ] wieder her gestellt“1879 wäre. 1875 Zit. nach : Huber , Studenten im Schatten der NS-Zeit , a. a. O., 211. [ ÖSTA , AdR , BMfU , GZ 8051– 1947 , Meister an Lenz , 18. Dezember 1947 ]. 1876 Bundeskanzler Figl : Keine Parteipolitik an den Hochschulen. In : Akademische Rundschau , Folge 28 , 1946 , 2. Vgl. auch Wiener Zeitung , 11. Mai 1946. 1877 Bundeskanzler Figl : Studenten müssen Träger der sozialen Revolution sein. In : Akademische Rundschau , 1. Jg., 1946 , Nr. 31 , 8. Juni , 1. 1878 Ebd. 1879 Ebd., 2.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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