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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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465 Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung Anmerkungen.2028 Darüber hinaus fehlt auch der vom Leiter des Präsidialbüros , Anton Walitschek , zu den Ereignissen verfasste Bericht in der Registratur , was darauf schließen lässt , dass entweder ein interner Maulkorberlass befolgte wurde oder die Berichte der ge- samten An gelegen heit  – vermutlich in Absprache mit alliierten Militär stellen2029  – direkt an das Innenministerium ergingen. Im Österreichi schen Staats archiv finden sich jedenfalls staatspolizeiliche Mitteilungen sowie vereinzelt Tages berichte der Wiener Polizei direktion an das Innenministerium , die Andreas Huber ausfindig gemacht und im Rahmen seiner Diplomarbeit mitausgewertet hat. Keine Frage ist auch , dass die amerikanischen Militärstellen über diese politisch hoch- gradig instrumentalisierte Demonstration alles andere als erfreut sein konnten , die sowohl die Kommunisten als auch die sowjetische Besatzungsmacht dafür nützten , um Druck auf die Universitäten auszuüben und die bisher erfolgten Ent nazifizierungsmaßnahmen im universitären Bereich in Zweifel zu ziehen. Dass die amerikani sche Besatzungsmacht wo- möglich direkt „Druck auf die sowjetische Besatzungs macht“2030 aus geübt haben könnte , die Kundgebung abzublasen , ist jedoch weder aus einschlägigen Akten abzulesen , noch ergäbe dies politisch betrachtet eine Pointe. Hätte es doch bedeutet , sich auf die Seite der Reaktion zu stellen und die ganz unzweifelhaft unzu reichende Entnazifizierung der Universitäten offen zu verteidigen. Dies wiederum hätte einen inhaltlich schwer argumen- tierbaren Konflikt mit der russischen Besatzungs macht herauf be schworen  – einen Kon- flikt , der womöglich einen tiefen Riss in der alliierten Besatzung des Landes zur Folge gehabt hätte und obendrein den eigenen macht- und sicherheitspolitischen Überlegungen 2028 So vermeldete der polizeiliche Monatsbericht für die Zeit vom 1. bis 30. November 1946 : „Die Vor fälle an der Universität wurden von einem großen Teil der Wiener Bevölkerung als eine rein kommu nistische Propagandaaktion ablehnend beurteilt. Es wurde hierbei betont , dass von Seiten der Studenten nie versucht worden war , auf Arbeiterbetriebswahlen irgendeinen Einfluss zu nehmen. Anderseits [ sic ] wurde auch die Meinung vertreten , dass bei der Zulassung von nationalsozialistisch belasteten Hochschülern zu großzügig verfahren wurde. Letzten Ende befürchtet man aber , dass durch dergleichen Vorfälle den Besatzungsmächten Grund zu einem verlängerten Aufenthalt gegeben wird.“ Und weiter : „Die Vorfälle anlässlich der Hoch schulwahlen zeigten , dass in der Studenten- schaft verschiedene antisemitische Elemente an der Arbeit sind , weshalb eine neuerliche Überprü- fung sämtlicher Hörer sich als notwendig erwiesen hat.“ Zit. nach : Schembor , Polizeiliche Situations- berichte für die Jahre 1945 und 1946 , a. a. O., 291. 2029 Lediglich ein indirekter Hinweis lässt sich finden : Bei einer „Vorsprache“ des Wiener Polizei präsidenten beim russischen Generalleutnant Lebedenko wünschte dieser  – womöglich wollte er sich gegenüber den öffentlichen Anwürfen einer kommunistischen Infiltration der Wiener Polizei wappnen  – Information darüber , „von wem in Wien Demonstrationen organisiert werden.“ Eine weitere Frage Lebedenkos war , „ob nicht die Polizei auch Demonstrationen organisiert“, was freilich verneint wurde. BPDW , Russische Besatzung 5 , Akte 1946–1950 , Aktenvermerk 19. Dezember 1946 , 1. 2030 Dies vermutet Andreas Huber mit Verweis auf die Aussage des Zeitzeugen Robert Rosner , wonach ein Demonstrationszug nur wenige hundert Meter vor Erreichen der Universität zurück gepfiffen worden sei. Vgl. Huber , Studenten im Schatten der NS-Zeit , a. a. O., 188.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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