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4. „The democratic way of life in Austria“
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derung , den Nazismus , dessen „letzte Zufluchtsstätte [ … ] anscheinend die Hoch schulen
bilden“, „mit Stumpf und Stiel“2065 auszurotten.
Hingegen erklärte Bundeskanzler Figl bei einer Jugendtagung in Klosterneuburg am
23. / 24 November 1946 mit Bezug auf die Vorfälle bei den Hoch schul wahlen direkt an die
Adresse der Kommunisten gerichtet :
„Und wenn die Herren meinen [ … ] , dass sie ihre Schwäche auf akademischem Boden mit
Terror von Außenstehenden verschleiern können , so haben sie sich geirrt. Die Wahlen sind
durchgeführt worden trotz den Demonstrationen und haben das bekannte Ergebnis gezeitigt.
Und weil der erste Wurf nicht geglückt ist , will man jetzt die Schließung der Universität haben.
Die Regierung denkt nicht daran. Wir werden an den Hochschulen gründlich nachsäubern.
Wir haben heute bereits mehr als 800 Universitäts- und Hochschulprofessoren ent lassen und
enthoben. Wir werden aber auch weitersorgen und bei der Studentenschaft noch mals eine
genaue Prüfung durchführen. Aber das , was hier zu geschehen hat , machen die zuständigen
Behörden und nicht der Mob der Straße.“2066 [ Unter streichung im Original ]
Auf welcher Informationsgrundlage die hier von Kanzler Figl angesprochene Zahl auch
immer beruhen mochte , mit der Realität hatte sie wenig zu tun und zeugte höchsten vom
Wunsch einzelner Politiker , das Entnazifizierungsproblem an den Universitäten rhetorisch
bezie hungs weise mit möglichst hoch gegriffenen Erfolgszahlen herunterzuspielen.
Tatsächlich belief sich die Zahl der enthobenen Professoren ( außerordentliche und
orden tliche ) in Gesamtösterreich im September 1946 auf 273 , wobei 20 Fälle noch un-
entschieden waren.2067 Zum Zeitpunkt der Befreiung Österreichs im April 1945 gab es
246 Professoren an Wiener Hochschulen , davon waren 180 durch NSDAP-Mitgliedschaft
beziehungsweise durch NSDAP-Parteian
wärterschaft kompromittiert. Von diesen wurden
bis Februar 1947 109 permanent außer Dienst gestellt ( neben Entnazifizierung auch alters-
bedingte Pensionierung beziehungsweise Tod ), 36 ohne weitere Lehrbefugnis pensioniert ,
31 zeitweilig suspendiert ( da nicht zum Dienst er schienen beziehungsweise kein Aufent-
haltsort bekannt ) und vier wieder voll in Dienst ge nommen. Von den übrigen Professoren
wurden 17 die Forschungs er laubnis , nicht aber die Lehr befugnis erteilt , und elf wurde die
Lehr befugnis bis Ende des Sommer semester 1946 erteilt.2068
Angesichts der öffentlichen Kritik an den universitären Zuständen und den seit der Rek-
toratskonferenz vom 26. September 1946 schwelenden Differenzen mit dem Unterrichts-
2065 Arbeiterzeitung , 20. November 1946 , 1.
2066 „Straßenterror darf nicht diktieren. Der Kanzler über die Vorgänge bei den Hochschulwahlen“. Wiener
Zeitung , 239. Jg., Dienstag , 26. November 1946 , Nr. 275 , 1.
2067 Report of Quadripartite Sub-Committee on Denazification in Austrian Universi ties , 7. September 1946.
NARA II , RG 260 , Box 11 , Folder 68 , 3.
2068 Headquarters United States Forces in Austria , APO 777 , to Chief , Civil Affairs Division , War Department
Washington : „Reorientation of Austrian Universities“, 9. April 1947 , 1. NARA II , RG 165 , Box 322 , 3.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741