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Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung
digte Profes soren innehaben sollten – zeigt , finden sich hier auch Personen , auf die , ob-
wohl als „politisch nicht belastet“ eingestuft , eben genau das nicht zutrifft : so etwa der
Dekan der Evangelischen Fakultät , Gustav Entz.2136
Auch unter den jeder Screening-Kommission beizuziehenden Vertretern der drei Stu-
dentenfraktionen dürften sich zum Teil Personen befunden haben , die offenbar nur wenig
geeignet waren. Das geht unter anderem aus einem anonymisierten Schreiben an das alli-
ierte Sub-Komitee hervor , worin es in Bezug auf die Philosophische Fakultät heißt :
“The undersigned permit themselves to draw the attention of the competent authorities to the
fact that in the university a man is directing dismissals who ought to be dismissed himself. This is Mr.
XX2137 who is still continuing to call himself inspector , according to German law. [ … ] How
is it possible that an officer of German army is directing the dismissal of university-officials ?
[ …. ] As German officer he should have been screened according to the directions of the Edu-
cation Ministry , but this was not done.”2138 [ Hervorhebung d. Verf. ]
Dass das alliierte „Sub-Committee on University Denazification“ seine Arbeit formal
gründ lich anlegte – nicht zuletzt wurde seitens der russischen Besatzungsmacht Kritik
am Fort schritt der Entnazifizierung geübt –, zeigt sich unter anderem daran , dass vom
Unterrichtsministerium Namens listen aller entlassenen , enthobenen , pensionierten und
pardonierten Universitäts professoren sowie Listen aller Lehrkräfte , die entweder ehema-
lige Offiziere der Deutschen Wehrmacht waren oder keine österreichische Staatsbürger-
schaft besaßen und daher zu repatriieren gewesen wären , angefordert wurden.2139 Durch
die bevor stehende Beschlussfassung des Minderbelastetengesetzes , das ehemalige Wehr-
machts offiziere gar nicht mehr als eigenen Punkt anführte , waren diese Listen aber mittler-
weile obsolet geworden.
Immerhin verlautete das alliierte Entnazifizierungskomitee , das die Arbeit der öster -
reichischen Re-screening-Kommissionen in einer eigenen Resolution grund sätzlich posi-
2136 Ebd., Appendix A.
2137 Name vom Verfasser anonymisiert. Auf den Namenslisten der Beisitzer für die Sonder kom mission für
die Philosophische Fakultät taucht der hier angeführte Name allerdings nicht auf , was verschiedene
Gründe haben kann : entweder waren die Listen , die ja von universitärer Seite angelegt wurden , nicht
aktuell und beinhalteten lediglich die bereits bei den früheren Über prüfungs kommissionen angeführten
Namen , oder die besagte Person war bereits aus der Inskriptionskommission entfernt worden.
2138 NARA II , RG 260 , EDU-DIV , Box 2 / Folder 58. Allied Commission for Austria ( British Element ).
Sub-Committee on University Denazification. Report on Meetings held at Allied Secretariat on Febru-
ary 7 and 15 , 1947 , Appendix A.
2139 NARA II , RG 260 , EDU-DIV , Box 2 / Folder 58. Republic Austria , Federal Ministry of Education
( Skrbensky ) to Quadripartite Universities Denazification Sub-Committee , Chairman Mr. Needham , 25.
Jänner 1947 , 1.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741