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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg 554 Als Geheimdienstfachmann , Experte für Psychologische Kriegsführung und glühender Antikommunist , sprach Wisner ,2347 der zum selben Zeitpunkt die Leitung des halboffizi- ellen „dirty tricks department“,2348 der Geheim dienstabteilung „Office of Policy Coordina- tion“ ( OPC )2349 innerhalb der neu ge gründeten CIA übernahm , vergleichsweise deutlich aus , was die unaus geprochene , asymmetrische Präambel aller künftig von amerikanischer Seite finanzierten und administrierten Austausch programme darstellen sollte : primäres Ziel war keineswegs mehr nur der gegenseitige Erfahrungsaustausch , sondern  – wie indi- rekt auch immer angelegt  – die nach haltige Reeducation beziehungsweise Reorien tierung durch gezielte ‚positive‘ Beeinflussung über die Verbreitung amerikanischer Lebensweise , Produktion , Demokratie , Wissenschaft und Bildung sowie deren Bezüge zu individueller Freiheit und wirtschaftlich-technischer Effizienz. Darüber hinaus ließ Wisner durchblicken , dass das State Department die Übernahme der Agenden im Hinblick auf die eigenen Kapazitäten nicht nur für machbar , sondern auch für sachlich sinnvoll halten würde. Wie aus der Antwort von Unterstaatssekretär Wil- 2347 Frank Gardiner Wisner ( 1909–1965 ), Rechtsanwalt , Chef des Office of Strategic Services ( OSS ), 1947 von Staatssekretär Dean Acheson mit Unterstützung von George F. Kennan in das State Department geholt , wurde 1948 Leiter des auf Sabotage , Propaganda , Guerrilla und ökonomische Kriegsführung spezialisierten OPC und stieg in der Folge zu einem der einfluss reichsten Männer in der CIA auf , die er mit Richard Helms zu einer finanzkräftigen Einrichtung mit großen Personalressourcen ausbaute. Vgl. Sarah-Jane Corke , US Covert Operations and Cold War Strategy. Truman , Secret Warfare and the CIA , 1945–53 , New York 2008 , 16 ff. Wisner wird in seinem Vorgehen wenig moralischer Skrupel attestiert  – so hatte er von Wiesbaden aus den ehemaligen „Fremde Heere Ost“ SS-General Reinhard Gehlen für die Einrichtung der nachrichten dienstlichen „Organisation Gehlen im Dienste der USA engagiert ; siehe dazu : John Prados , Safe for democracy. The secret wars of the CIA , Chicago 2006 , 42 f. bzw. 50 ; ein CIA-Kollege meinte diesbezüglich : „Wisner brought in a whole load of fascists after the war , some really nasty people.“ Zit. nach. Frances Stonor Saunders , The Cultural Cold War. The CIA and the World of Arts and Letters , New York 2000 , 40. Tatsächlich spielte Wisner u. a. auch in der streng geheimen „Operation Bloodstone“ 1948–1950 die zentrale Schlüsselrolle  – eine Operation , die vom obersten mili- tärischen US-Sicherheitsausschuss , dem „State , Army , Navy , Airforce Coordinating Committee“ ( SA- NACC ) und dem Nationalen Sicherheitsrat der USA ( NSC ) durchgeführt wurde. Dieses Projekt zielte darauf , die „Elite der Nazis und Kollaborateure , die Führer , die Geheimdienstspezialisten und die Wis- senschaftler , die ihre Kenntnisse in den Dienst der Nazis gestellt hatten“ in die Vereinigten Staaten zu bringen und diese für sogenannten „Sonderoperationen“ einzusetzen , d. h. für Aktivitäten hinter den feindlichen Linien wie etwa „Subversion , Sabotage [ … ] Morde , Gefangennahme von bestimmten Per- sonen und die Rettung von zur Landung gezwungenen Fliegern.“ Zit. nach : Christopher Simpson , Der amerikanische Bumerang. NS-Kriegsverbrecher im Sold der USA , New York  – Wien 1988 , 128 bzw. 130. 2348 Saunders , The Cultural Cold War , a. a. O., 40. 2349 Die geheimen Aktivitäten der OPC waren primär auf psychologische Kriegsführung im Kampf gegen den Kommunis mus angelegt : sie bestanden u. a. in Spionage , Feind- und Freund-Propaganda , der Aus- arbeitung von Evakuierungsplänen , von Sabotage und Gegensabotage , Guerrilla-Taktiken hinter dem „Eisernen Vorhang“ sowie in ökonomischer Kriegsführung. Siehe : Alfred H. Paddock , Jr., US-Army Special Warfare. Its Origins. Psychological and Unconventional Warfare , 1941–1952 , Lawrence / Kansas 2002 [ 1982 ] , 76.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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