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Die ideologische Überformung der US-Reorientierung
ciation of artists or music“,2388 musste die Ausstellung schließlich eingezogen werden. Auf
kon servativer Seite wurde grundsätzlich die Frage gestellt , wofür es überhaupt gut sein
solle , mit amerikanischen Kunstausstellungen das Ausland beeindrucken beziehungs
weise
Amerika auf diese Weise „verkaufen“ ( „to sell America“ ) zu wollen.2389
Obwohl die beim Repräsentantenhaus eingebrachten Ansuchen des State Department
nach Erhöhung der Ausgaben für die Programmschiene des „Office of International In-
formation and Cultural Affairs“ ( OIC ) zunächst keinen Erfolg hatten ,2390 wurde Anfang
1947 schließlich doch vor allem der Ausbau der US-Rundfunk
programme entscheidend
weiter vorangetrieben. Nachdem die US-Regierung die privaten US-Kurzwellensender
wie etwa die „National Broadcasting Company“ ( NBC ) oder das „Columbia Broadcas-
ting System“ ( CBS ) sowie eine Reihe weiterer Sender ab 1942 quasi verstaatlicht hat-
te und diese nun unter der zentral koordinierten „Voice of America“ ( VOA ) zu senden
begannen , entstanden nun zusätzlich zum bereits 1946 in Berlin eingerichteten „Rund-
funk im Amerikanischen Sektor“ ( RIAS )2391 weitere Sendestationen. Im Kontext der
geheim dienstlichen Operationen des CIA entstand 1949 das vom „National Committee
for a Free Europe“ gegründet „Radio Free Europe“ ( RFE ), 1951 folgte „Radio Liberty“
( RL ), das vom „American Committee for Freedom for the Peoples of the USSR“ fi-
nanziert wurde.2392 Zusätzlich wurde die Sendungs schiene von „Voice of America“2393
( VOA ) ent scheidend ausgebaut und durch Installation neuer Sender , wie einer 85. 000
Watt Kurzwellenstation nahe München , Sendungen – nun auch in russischer Sprache –
hinter den „Eisernen Vorhang“ gerichtet.2394 Wie US-Außen minis ter George C. Mar-
2388 Ebd.
2389 Auf den Punkt gebracht findet sich diese gewissermaßen ‚fundamentalistische‘ konservative Position in
der bei Ninkovich zitierten Aussage des Republikanischen Kongressabgeordneten John Bennet ( Michi-
gan ): „For more than 200 years – even in the remotest corner of the earth – people have known that the
United States meant freedom in the fullest connotation of the term [ … ]. Things which are self-evident
require no proof.“ Siehe : Ninkovitch , The diplomacy of ideas , a. a. O., 124.
2390 Vgl. David F. Krugler , The Voice of America and the Domestic Propaganda Battles , 1945–1953 , Colum-
bia / Univ. of Miss. Press 2000 , 53 ; weiters : Paulu , The Smith-Mundt Act : A Legislative History , a. a. O., 302.
2391 Ausgelöst durch die bevorstehenden Wahlen in Deutschland 1946 und die Befürchtung , die Kom munis-
ten könnten zu stark werden , baute die US-Army mobile Rundfunksendeanlagen im ameri kanischen
Besatzungssektor in Berlin auf , der antisowjetische Propaganda ausstrahlte. Vgl. Ohmstedt , Von der
Propaganda zur Public Diplomacy , a. a. O., 47.
2392 Vgl. Lowell H. Schwartz , Political Warfare against the Kremlin. US and British Propaganda Policy at
the Beginning of the Cold War , Basingstoke 2009 , 124 ff. ; weiters : Shawn J. Parry-Giles , The Rhetorical
Presidency. Propaganda and the Cold War , 1945–1955 , Westport 2002 , 5 ; schließlich ( die allerdings eher
journalistische und nur wenig systematische Darstellung ): Arch Puddington , Broadcasting Freedom. The
Cold War Triumph of Radio Free Europe and Radio Liberty , Univ. of Kentucky Press 2000 , 20 ff.
2393 Zur Geschichte der 1942 im Umfeld des OWI gegründeten VOA siehe insbesondere : Alan L. Heil jr.,
Voice of America. A History , Columbia 2003.
2394 Vgl. Walter L. Hixson , Propaganda , Culture and the Cold War , New York 1998 , 32. Der im Krieg ge-
gründeten VOA , die nach dem Krieg unter einschneidenden Einsparungen zu leiden hatte , rettete der
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741