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5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg
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geregelte legale Grundlage stellte , den autonomen Handlungsspielraum des State De-
partment insofern ein , als gefordert wurde , dass möglichst viele private ameri kanische
Informations- , Medien- und Bildungseinrichtungen bei der Umsetzung zur Kooperation
heran gezogen werden sollten.2405
Ausschlaggebend für die Zustimmung der Republikaner zur großangelegten Informa-
tions- und Kulturoffensive waren letztlich der Kalte Krieg beziehungsweise die an laufenden
strategischen Überlegungen eines
– neben ökonomischen und militäri schen Maßnahmen
–
auch ideologischen „Containments“ beziehungsweise „Rollbacks“2406 gegenüber der als ag-
gressiv-expansionistisch angesehenen Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten :
“Public Law 402 passed the Congress because ‘junketing’ senators and repre sentatives ob-
served Soviet propaganda efforts in Europe firsthand during fall 1947 and were convinced that
the people of other countries had to get a better under standing of the United States if they
were to withstand the ‘aggressive psychological warfare’ being conducted against America by
the Communists. Public Law 402 en joined the information service to tell the truth , explain
United States motives , bolster morale of foreign populations , give a true picture of American
life , counter mis representations , and support American foreign policy. The idea was to ‘sell’
America.”2407 [ Hervorhebung d. Verf. ]
Ähnlich wie die korrespondierenden Passagen zum Personal-Exchange des Public Law 402
sah auch der Fulbright Act von 1946 den bilateralen Kultur-Aus tausch zwischen den USA
und anderen Ländern vor , allerdings mit primärer Zielrichtung auf den akademisch-uni-
versitären Bereich. Die Durchführung des Programmes oblag ebenfalls dem Department
of State , wobei das Board of Foreign Scholarships
– direkt ernannt vom US-Präsidenten
–
die Auswahl der Personen beziehungsweise der quali fizierten Wissenschafts- und Bil-
dungsinstitutionen vor nahm. Die Fulbright-Aktivi täten liefen vorerst eigenständig neben
den Planungen auf der Basis des „Smith-Mundt Act“, wurden aber nach Einrichtung des
von anfänglich 2500 auf 4370 Personen im Jahr 1950 an. Vgl. Elder , The Information Machine. The
United States Information Agency and American Foreign Policy , a. a. O., 36.
2405 Paulu , The Smith-Mundt Act : A Legislative History , a. a. O., 309.
2406 Zur Begriffsgeschichte und den politischen Implikationen des U. S. „Containment“ siehe : John Lewis
Gaddis , Strategies of Containment. A Critical Appraisal of American Security Policy during the Cold
War. Revised and Expanded Edition , Oxford 2005 , 24 ff. ; zum „Rollback siehe u. a. die vorzügliche Sy-
nopsis bei : Bernd Stöver , Rollback. An Offensive Strategy for the Cold War. In : Detlef Junker ( Ed. ),
The United States and Germany in the Era of the Cold War , 1945–1990. A Handbook. Volume I : 1945–
1968 , Cambridge 2005 , 97 ff. ; siehe auch detaillierter : Ders., Die Befreiung vom Kommunis mus. Ameri-
kani sche Liberation Policy im Kalten Krieg 1947–1991 (= Zeithistorische Studien. Hrsg. v. Zentrum für
Zeit historische Forschung Potsdam , Bd. 22 ), Köln – Weimar – Wien 2002 , 54 ff.
2407 Elder , The Information Machine. The United States Information Agency and American Foreign Policy ,
a. a. O., 36.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741