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Geschichte
Nach 1918
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration - US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
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5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg 576 “In der Psyche der Besiegten wurden die Vereinigten Staaten [ … ] bald zu den relativ harmloses- ten [ … ] Siegern ernannt. Die USA avancierten zur Chiffre des eigentlichen Gewinners schlech- thin , auf dessen Seite ‘man’ eigentlich ohnehin gekämpft hatte. Wenn sich das reale Verhalten der GIs in vielen Belangen auch kaum von dem der Soldaten anderer Besatzungsarmeen unterschied , dann doch in einem wesentlichen Punkt. Sie verfügten nicht nur über Dollars , sondern über eine damals noch härtere Währung : Nahrungsmittel , Zigaretten , Nylonstrümpfe , Penicillin  – kurzum , über die Überlebensnotwendigkeiten für die geplagten , hungernden , verwirrten Menschen.”2446 Obwohl sich  – insbesondere in der älteren Generation  – ein Gefühl kultureller Über legen- heit hielt  – „Die haben zwar das Geld und alles , aber die Bildung haben wir [ … ]“2447  –, man „kulturell [ … ] ein bißchen auf die Amerikaner heruntergeschaut“ hat und angesichts der sich verbreitenden ‚amerikanischen Sitten‘ das „Herabsinken unserer noblen Kultur“ befürchtete ,2448 entwickelte die mit den US-Besatzungs soldaten ins Land gekommene fremde Lebensweise  – „irgendwie waren sie ‚Wesen vom anderen Stern‘ “2449  – in der nach Orientierung suchenden Jugend rasch geradezu magnetische Anziehungskraft. Im Kontrast zu Marschtritt und Walzer nannten in einem Oral-History Projekt befragte ZeitzeugInnen die „Rhythmen der amerikani schen Populär musik  – Swing , Boogie und später dann Rock’n Roll  – und die damit verbundenen körperbetonten Tänze [ … ] besonders häufig als ‚Teil der Befreiung‘ “.2450 Die größere Freizügigkeit des amerikanischen Lebensstils im Vergleich zu den Gepflogenheiten der eigenen Herkunftsmilieus bot gerade für die jüngere Generation faszinierende Abgrenzungsmöglichkeiten gegenüber den Wert- und Moralvor stellungen der Elterngeneration. Bald waren Jeans das „Non-Plus-Ultra“,2451 das Trinken von Coca Cola sowie das besonders irritierende Kauen von Kaugummi mit der „Erotik der Sieger“2452 ebenso gleichbedeutend wie deren Habitus : „lässig , selbstbewußt und ungebunden , eigenen Ideen und Bedürfnissen statt den Befehlen anderer ver pflichtet“.2453 Coca Cola wurde  – „50 Groschen per bottle plus normal loss and breakage charges“  – in Salzburg seit Dezember 1948 verkauft und ab Februar 1949 auch in Oberösterreich. Im Frühjahr 1949 wurde in Absprache mit Samuel H. Williams , Leiter der USFA-Education Division , ein Plan zur schrittweisen Ausweitung des Cola-Verkaufes in der amerikanischen 2446 Wagnleitner , Coca-Colonisation und Kalter Krieg , a. a. O., 84. 2447 Ingrid Bauer , Welcome Ami Go Home. Die amerikanische Besatzung in Salzburg 1945–1955. Er in- nerungs landschaften aus einem Oral-History-Projekt , Salzburg  – München 1998 , 212. 2448 Ebd., 214. 2449 Ebd., 217. 2450 Ebd., 220. 2451 Ebd., 219. 2452 Bauer , Welcome Ami Go Home. Die amerikanische Besatzung in Salzburg 1945–1955 , a. a. O., 216. 2453 Bernd Greiner , „Test the West“. Über die „Amerikanisierung“ der Bundesrepublik Deutschland. In : Mit- telweg 36. Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung , 6 , 1997 , 20. Zit. nach : Bauer , Welcome Ami Go Home. Die amerikanische Besatzung in Salzburg 1945–1955 , a. a. O., 223.
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Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Title
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
Subtitle
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Author
Christian H. Stifter
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2014
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
Size
17.0 x 24.0 cm
Pages
762
Keywords
US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorbemerkung 11
  2. Einleitung 15
  3. 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
    1. Das Bild Amerikas aus europäischer Sicht bis Anfang der 1930er-Jahre 33
    2. Spiegelung : Anmerkungen zum Bild Deutschlands und Österreichs aus US-amerikanischer Sicht 66
    3. NS-Feindbild Amerika : Antiamerikanismus als Kampf gegen „Niggerkultur“, „Judenstaat“ und „westliche Demokratie“ 82
  4. 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
    1. „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
    2. „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
    3. Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
    4. Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
    5. „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
    6. Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
    7. Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
    8. Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
    9. „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
    10. Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
    11. Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
    12. Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
    13. Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
  5. 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
  6. 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
    1. Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
    2. Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
    3. Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
    4. Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
    5. Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
    6. Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
    7. Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
    8. Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
    9. Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
    10. Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
    11. Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
    12. Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
    13. ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
    14. Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
    15. Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
  7. 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
    1. Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
    2. Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
    3. Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
    4. Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
    5. Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
  8. 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
    1. Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
    2. Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
    3. Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
    4. Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
    5. ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
    6. Schlussbemerkung 655
    7. Quellenverzeichnis 665
    8. Literaturverzeichnis 673
    9. Verzeichnis der Abkürzungen 735
    10. Personenverzeichnis 741
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