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6. Endphase der Besatzung
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entierungs-Aktivitäten im Zusam
men
hang der Exchange-Pro
gram
me noch im Sommer des
Jahres 1949 vollständig neu organisiert wurden. So wurde für die Durchführung der akademi-
schen Aus
tausch
programme vom Direktor USACA , Col. Dodge , ein eigenes „Reorientation
Committee“ eingerichtet , dem Joseph Z. Schneider als „Chairman“ vorstand , mit Major Ga-
len als Koordinator sowie drei weiteren „qualifizierten“ Mitgliedern. Nachdem sich erwiesen
hatte , dass „early briefing experience indicated a tendency [ … ] to emphazise routine profes-
sional activities in the US rather than the broad implications of the mission“,2604 wurde nun
die Supervision der österreichischen Austauschprogramme der „Education & Information
Section“ des State Department unterstellt.2605 Die Verantwortlichkeit für die Durch
führung
aller Exchange-Programme in Österreich lag ab sofort beim genannten „Reorien
tation
Committee“, das auf Basis der Empfehlungen der Abteilungen von USACA und USFA die
Auswahl und das Screening der am besten geeigneten Kandidaten vornahm :
“Screening and selection of best candidates are accomplished by the Reorientation Committee.
[ … ] Processing , which includes CIC screening , procurement of US sponsors , visas , prelimi-
nary arrangement of US itineraries , accomplishment of working agreement between consult-
ant and US Government , procurement of travel orders and travel accommodations , and ad-
vance payments , is handled by the Operational Coordinator member of the Committee.”2606
Für das „briefing“ der AustauschkandidatInnen waren weiterhin die Leiter der USACA
Divisions – in Koordinierung mit dem „Reorientation Committee“ – zuständig. Nach er-
folgter Rückkehr der „Visiting Experts“ aus den USA hatte die Education Division nun
aber Berichte der TeilnehmerInnen vorzulegen , in denen die Ergebnisse ihrer USA-Reisen
( „results of their reorientation trips“ ) zusammen zufassen waren.2607
Hinsichtlich der Auswahl potenzieller Kandidaten – die auf ihrer Reise in die USA
möglichst keinen Kontakt mit Deutschen haben sollten2608 – empfahl das State Depart-
ment , beim Screening möglichst alle Personen sorgfältig auszuscheiden , die einen US-
Aufenthalt lediglich aus persönlichen oder gar familiären Gründen an strebten. Vor dem
Hintergrund sozialpsychologischer Erwägungen sollten grund sätzlich möglichst Perso-
nen „hohen Kalibers“ ausgewählt werden , wobei sich hier das grundsätzliche Problem
ergab , dass Führungspersönlichkeiten mit berufl icher Verant wortung kaum längere Zeit
abkömmlich waren :
2604 NARA II , RG 260 EDU-DIV , Box 5 , Folder 3. Joseph Z. Schneider , Chairman , Reorientation Com-
mittee , Maj. Galen Snow , Coordinator , The Reorientation of Austrian National Leaders’ Program. Re-
port of Reorientation Committee for FY 1949 and Recommendation for Future , 2. September 1949 , 8.
2605 Ebd., 16.
2606 Ebd., 6.
2607 Ebd., 8.
2608 „It was deemed very undesirable to have Austrians closely associated with Germans as would result from
20–25 days of army transport travel.“ Ebd., 3.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741