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Übernahme durch das State Department
In Bezug auf Österreich waren die gezielt psychologisch-strategischen Operationen der
US-Propaganda primär von zwei Faktoren bestimmt : einerseits dem Fehlen eines Staats-
vertrages und damit verknüpft dem Fehlen der staatlichen Souveränität sowie andererseits
der Sowjetischen Militärpräsenz und dem alliierten Besatzungsstatut , dem alle zivilen Be-
hörden unter standen.2672 Dass die Arbeit des „USIS-country teams“ hierbei erfolg reich
war , erwies sich beispielsweise bei den vorgezogenen Nationalratswahlen 1953 und dem
von den Westalliierten befürchteten Bruch der Großen Koalition. Im Vorfeld hatten die
Um fragen einen deutlichen Stimmenzuwachs sowohl bei den Linksparteien als auch beim
„Verband der Unabhängigen“ ( VdU ) und einen Absturz der ÖVP progno stiziert.2673 Das
Ergebnis fiel dann doch anders als befürchtet aus :
“In line with U.S. policy , USIS media services bolstered the Socialist and People’s parties which
formed the components of the coalitions government through the use of radio time , newspaper
editorials , exhibits , and a special effort in Salzburg ( the seat of the resurgent Nazi philosophy ).
It can be claimed that USIS influence had some bearing on the salutory outcome of the elections which
returned the coalition parties to power.”2674 [ Hervorhebung d. Verf. ]
Im Zusammenhang mit den Nationalratswahlen im Februar 1953 kam es übrigens zu einem
interessanten Briefwechsel zwischen Samuel H. Williams und dem Department of Sta-
te. Neben allen darin enthaltenen Seltsamkeiten macht das Schreiben Williams’ deutlich ,
wie eng die erzieherisch-bildungspolitischen Aufgaben
– trotz der lang jährigen offiziellen
„non-interference-policy“ – tendenziell mit macht
politischen und strategischen Ambitio-
nen der Vereinigten Staaten verwoben waren.
Williams , der mittlerweile längst in die USA zurückgekehrt war , nach wie vor aber gute
Kontakte nach Österreich hatte und eigenen Angaben zufolge kurz davor stand , in Wa-
shington einen neuen Job als „Director Strategic Intelligence Service“ anzutreten , warnte
angesichts des womöglich bevorstehenden Bruches der Großen Koalition vor dem „fall of
a government which has been a courageous ally of ours [ … ] we have poured a billion of
2672 NARA II , RG 59 , General Records Department of State , International Information Administra tion ,
Field Program for Austria , Box 3 , 150 / 71 / 34 / 07 , Henry F. Arnold , Jane Allen , Preparation of IIA Re-
port on the National Psychological Effort , 1. Jänner–30. Juni 1953 , 1. Juni 1953 , 3.
2673 Vgl. Rauchensteiner , Die Zwei. Die Große Koalition in Österreich , a. a. O., 176 ff.
2674 NARA II , RG 59 , General Records Department of State , International Information Administra tion ,
Field Program for Austria , Box 3 , 150 / 71 / 34 / 07 , Henry F. Arnold , Jane Allen , Preparation of IIA
Report on the National Psychological Effort , 1. Jänner–30. Juni 1953 , 1. Juni 1953 , 2. Das Wahlergebnis
machte die SPÖ ( 73 Mandate ) zwar zur stimmenstärksten Partei , die ÖVP behielt jedoch wahlarith-
metisch die Oberhand ( 74 Mandate ), wohingegen der VdU auf 14 Mandate schrumpfte ; damit war der
Fortbestand der Großen Koalition vorerst garantiert. Vgl. Rauchen steiner , Die Zwei. Die Große Koali-
tion in Österreich , a. a. O., 186.
Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Zwischen geistiger Erneuerung und Restauration
- Subtitle
- US-amerikanische Planungen zur Entnazifizierung und demokratischen Reorientierung und die Nachkriegsrealität österreichischer Wissenschaft 1941-1955
- Author
- Christian H. Stifter
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2014
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 762
- Keywords
- US-Reorientierung, Amerika, USA, Besatzungszeit, Demokratisierung, Amerikanisierung, Entnazifizierung, Kalter Krieg, Österreich, Universität, Wissenschaft, Wien
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorbemerkung 11
- Einleitung 15
- 1. Images , Stereotype und Vorurteile – Herkunft und Veränderung der kulturellen Geringschätzung der USA in Europa seit dem 18. Jahrhundert 31
- 2. „ Education for Victory“ – US-Demokratisierungs-Konzepte und die zivilen Reeducation-Planungen für ein post-totalitäres Europa , 1941–1945 97
- „Education in Wartime“ – Nationalsozialismus als Fundamentalbedrohung der US-amerikanischen Zivilgesellschaft 99
- „Our Country’s Call to Service“ – konkrete Auswirkungen des Verteidigungs- und Abwehr-Diskurses 107
- Binnenamerikanische Reeducation : Stärkung nationaler Moral , Militarisierung des Bildungswesens und Bildungsreform 108
- Educational Reconstruction – Überlegungen und Konzepte 1942–1943 / 44 zur Demokratisierung nach Kriegsende 138
- „What to do with the mentally ill Germans ?“ Ursprünge , Entwicklung und Veränderungen der zivilen Reeducation-Konzepte , 1940–1944 157
- Exkurs : die österreichische Emigration in den USA – ein kultur- und bildungspolitisch folgenloses Kapitel für die Nachkriegsplanungen 175
- Spätphase der zivilgesellschaftlichen Überlegungen und Konzepte zur Reeducation und Reorientation 1943 / 44–1945 – langfristige Reorientierung als Paradigma 201
- Missing Link : Fehlende Umsetzung der Reorientierungs-Konzepte in die militärischen Planungen , 1943–1945 210
- „Takeover“ durch die U.S. Army : Wirrwarr und Kompetenzgerangel – Ausdünnung der Reorientation auf ‚unpolitische‘ Säuberungsmaßnahmen 210
- Randnotiz zu einem fehlgeschlagenen Experiment der US-Armee – POW-Camps zur Reeducation 228
- Zur Rolle Österreichs in der Reeducation-Planung der US-Militärstäbe 1943 / 44–1945 239
- Österreich – ein unklarer Planungsfaktor alliierter Politik bis 1944 / 45 239
- Militärisch-gremiale Detailplanung für Österreich – Administrationsunterlagen ohne Reorientation als Ergebnis 248
- 3. Beginn der US-Reorientierung nach 1945 – die Education Division als zentrale US-Militärbehörde 265
- 4. „ The democratic way of life in Austria“ – erste Umsetzungsphase bis zum Nationalsozialistengesetz 1947 : Zwischen Laissez Faire , strenger Observation und milder Beurteilung 277
- Kooperation statt Intervention und die Folgen für die Entnazifizierung im Bildungsbereich : das Fallbeispiel Universität 277
- Ausgangslage : Perspektive nötiger ‚Säuberungsmaßnahmen‘ 277
- Bestimmungen zur Entnazifizierung in US-Planungsdirektiven 288
- Die Ausgangssituation an den Universitäten im Frühjahr 1945 292
- Personalsäuberungen durch „Sonderkommissionen“ und deren Senate 318
- Entnazifizierung am Beispiel der Universität Wien 346
- Rückkehr unerwünscht ? – Maßnahmen zur Rückholung österreichischer WissenschafterInnen aus der Emigration 365
- Fallbeispiel : Ernst Karl Winter ( 1895–1959 ) 373
- Fallbeispiel : Hans Kelsen ( 1881–1973 ) 393
- Fallbeispiel : Felix Ehrenhaft ( 1879–1952 ) 404
- Wissenschaftspolitische Restauration und amerikanisch- österreichische Beziehungen. Ein Zwischenresümee 410
- Rahmenrichtlinien und Entnazifizierung der Studentenschaft an Österreichs Universitäten 427
- ÖH-Wahlen November 1946 : erste Großdemonstration gegen „nazistische Umtriebe“ in der Zweiten Republik und die Folgen 448
- Auswirkungen der Hochschulkrawalle : Turbulenzen im Alliierten Rat , Re-Screening der Studierenden und Lehrkräfte 477
- Turnaround in der Entnazifizierungspolitik – Kontroverse zwischen State Department und War Department 502
- 5. US-Reorientierungs-Planungen im Frühen Kalten Krieg : Zwischen Popularisierung des „American Way of Life“ und Psychologischer Kriegsführung , 1947–1950 517
- Longe Range Policy 1946 / 47 – Paradigmenwechsel : langfristige zivile Reorientierungs-Konzepte anstelle militärischer Kontrolle 517
- Elitenbildung über „Austauschprogramme“: zentrales Element der besatzungspolitisch auf gewer teten US-Reorientierung ab 1947 / 48 548
- Die ideologische Überformung der US-Reorientierung durch Propagandakampagnen des Kalten Krieges 562
- Cultural Exchange – Rahmenbedingungen der US-Kulturoffensive 562
- Reorientierung und psychologische Kriegsführung : „War of ideas“ – „Campaign of Truth“ – „Struggle for Minds“ 573
- 6. Endphase der Besatzung : Akademische Austauschprogramme und ihre Umsetzung in Österreich , 1950–1955 595
- Beginn der „U.S. Exchange“-Programme – Seltsamkeiten und Pannen 595
- Kurzer Exkurs : das Salzburg-Seminar – akademische Freiheit mit Hindernissen 609
- Umstrukturierung und Expansion : neuer Anlauf unter Supervision des U.S. Department of State 616
- Übernahme durch das State Department – Instrumentalisierung des „Exchange-Program“ als Teil der psychologischen Kriegsführung gegen die Sowjetunion 625
- ‚Phasing out‘ – zivile Verwaltung und Beginn der Normalisierung 638
- Schlussbemerkung 655
- Quellenverzeichnis 665
- Literaturverzeichnis 673
- Verzeichnis der Abkürzungen 735
- Personenverzeichnis 741